Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 06.2021

6.06.2021
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Corona-Pandemie:

Geschäftsraum: Im Lockdown nur halbe Miete

| Ein Einzelhändler, der sein Geschäft aufgrund Corona-bedingter Schließungsanordnung nicht öffnen durfte, muss für das Ladenlokal nur 50 Prozent der Kaltmiete zahlen. In solchen Fällen ist von einer Störung der Geschäftsgrundlage nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 313 BGB) auszugehen, die eine Mietanpassung erforderlich macht, um die Belastungen zu teilen. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Dresden. |

Das OLG: Es ist für eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht erforderlich, dass der Mieter durch die staatlichen Schließungsanordnungen in eine existenzgefährdende Lage gerät. Bei einem Mietvertrag handele es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Miete werde für die Nutzung eines bestimmten Zeitabschnitts, regelmäßig für einen Monat gezahlt. Daher sei es für den Mieter unzumutbar, die Miete für ein Mietobjekt zu zahlen, das er aus von ihm nicht zu vertretenden und nicht vorhersehbaren Gründen nicht nutzen könne.

Da aber auch der Vermieter die Schließung nicht zu vertreten und bei Abschluss des Mietvertrags auch nicht vorhergesehen habe, sei eine Reduzierung der Miete um 50 Prozent eine angemessene Vertragsanpassung.

Beachten Sie | Das OLG Karlsruhe hat im Februar 2021 für einen weltweit tätigen Gewerberaummieter anders entschieden: Dieser sei auch während einer Corona-bedingten Filialschließung verpflichtet, die vereinbarte Miete zu zahlen.

Sowohl die Entscheidung des OLG Dresden als auch die des OLG Karlsruhe waren zum Redaktionsschluss noch nicht rechtskräftig.

Quelle | OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2021, 5 U 1782/20


Freiberufler und Gewerbetreibende:

Broschüre zur steuerlichen Behandlung von Fotovoltaikanlagen

| Auch private Hausbesitzer werden steuerlich zum Unternehmer, wenn sie eine Fotovoltaikanlage errichten und den erzeugten Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) hat seine Broschüre „Hilfe zu Fotovoltaikanlagen“ neu aufgelegt und beantwortet insbesondere einkommen- und umsatzsteuerliche Fragen. Sie können die 46-seitige Broschüre (Stand März 2021) unter www.iww.de/s4766 abrufen. |


Wettbewerbsrecht:

Entgelt für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal zulässig

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass Unternehmen von ihren Kunden ein Entgelt für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal erheben dürfen, wenn das Entgelt allein für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Kreditkarte verlangt wird. |

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte veranstaltet Fernbusreisen und bewirbt diese im Internet. Sie bietet ihren Kunden vier Zahlungsmöglichkeiten an, nämlich die Zahlung mit EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal. Bei Wahl der Zahlungsmittel „Sofortüberweisung“ und „PayPal“ erhebt die Beklagte ein vom jeweiligen Fahrpreis abhängiges zusätzliches Entgelt.

Die Klägerin sieht darin u. a. einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht (LG) hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (OLG) München die Klage abgewiesen.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Die vom OLG zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat dadurch, dass sie für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal ein zusätzliches Entgelt verlangt hat, nicht gegen das Gesetz verstoßen.

Eine Vereinbarung ist unwirksam, die den Schuldner verpflichtet, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu zahlen. Für die Nutzung von Zahlungskarten gilt dies nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, auf die Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge anwendbar ist.

Entgelt für Zahlungsauslösedienst

Bei der Wahl des Zahlungsmittels „Sofortüberweisung“ kommt es zu einer Überweisung vom Konto des Kunden auf das Konto des Empfängers. Dabei handelt es sich um eine SEPA-Überweisung, auch wenn diese Überweisung nicht durch den Kunden, sondern im Auftrag des Kunden durch den Betreiber des Zahlungsdienstes „Sofortüberweisung“ ausgelöst wird. Das von der Beklagten bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „Sofortüberweisung“ geforderte Entgelt wird aber nicht für die Nutzung dieser Überweisung verlangt, sondern für die Einschaltung des Zahlungsauslösedienstes, der neben dem Auslösen der Zahlung weitere Dienstleistungen erbringt. So überprüft er etwa die Bonität des Zahlers und unterrichtet den Zahlungsempfänger vom Ergebnis dieser Überprüfung, sodass dieser seine Leistung bereits vor Eingang der Zahlung erbringen kann.

PayPal

Auch bei der Wahl der Zahlungsmöglichkeit „PayPal“ kann es zu einer SEPA-Überweisung oder einer SEPA-Lastschrift oder einem kartengebundenen Zahlungsvorgang kommen, wenn das PayPal-Konto des Zahlers kein ausreichendes Guthaben aufweist und durch eine Überweisung, Lastschrift oder Kreditkartenabbuchung aufgeladen werden muss. Auch in diesem Fall verlangt die Beklagte von ihren Kunden aber kein Entgelt für die Nutzung dieser Zahlungsmittel, sondern allein für die Einschaltung des Zahlungsdienstleisters „PayPal“, der die Zahlung vom PayPal-Konto des Zahlers auf das PayPal-Konto des Empfängers durch Übertragung von E-Geld abwickelt.

Entgeltverbot für „normale“ Zahlweisen nicht tangiert

Der Erhebung eines Entgelts für zusätzliche Leistungen steht schließlich das Verbot der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte nicht entgegen.

Quelle | BGH, Urteil vom 25.3.2021, I ZR 203/19, PM Nr. 67/21


Umsatzsteuerzahler:

Bundesfinanzhof klärt Fragen zur Ist-Besteuerung im Gründungsjahr

| Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) berechnet. Unter gewissen Voraussetzungen kann die Umsatzsteuer antragsgemäß auch nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) berechnet werden, sodass ein Liquiditätsvorteil möglich ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich nun in zwei Verfahren zu den Voraussetzungen der Ist-Besteuerung in Neugründungsfällen geäußert. |

Hintergrund

Das Finanzamt kann nach § 20 Umsatzsteuergesetz auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,

  • dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen hat oder
  • der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 Abgabenordnung befreit ist oder
  • soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz ausführt,

die Umsatzsteuer nicht nach den vereinbarten Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.

Sichtweise des Bundesfinanzhofs

Der BFH ist der mit der Revision vorgetragenen Meinung des Unternehmens nicht gefolgt, dass bei jeder Unternehmens-Neugründung im Erstjahr stets die Voraussetzung für eine Ist-Besteuerung hinsichtlich der definierten Umsatzgrenze (600.000 Euro) erfüllt ist. Vielmehr ist es bei Neugründungen erforderlich, den Gesamtumsatz bis zum 31.12. des Erstjahrs zu schätzen und diesen voraussichtlichen Gesamtumsatz auf einen für das ganze Jahr prognostizierten Gesamtumsatz hochzurechnen.

Beachten Sie | Die Umsätze des Erstjahrs sind nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung (also nach vereinbarten Entgelten) zu schätzen. Die Ist-Besteuerung ist erst dann anzuwenden, wenn sie das Finanzamt genehmigt hat.

Quelle | BFH, Urteil vom 11.11.2020, XI R 40/18, Abruf-Nr. 221370 unter www.iww.de; BFH, Urteil vom 11.11.2020, XI R 41/18, Abruf-Nr. 221369 unter www.iww.de

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