Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 07.2020

10.07.2020
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Unternehmensführung:

GmbH & Co. KG: VG Stuttgart unterstreicht Freiberuflerprivileg

| Ein Ingenieurbüro, das von zwei Beratenden Ingenieuren als GmbH & Co. KG geführt wird, und Mitglied der Kammer ist, kann für die ebenfalls erforderliche Mitgliedschaft in der IHK das „Freiberuflerprivileg“ nutzen. Bei der Bemessung des IHK-Beitrags wird nur ein Zehntel des Gewebeertrags herangezogen. |

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart entschieden. Das VG dehnt das Freiberufler-Privileg auf eine „mehrstöckige“ GmbH & Co. KG aus, obwohl es begrifflich unmöglich ist, dass eine Gesellschaft Dienstleistungen persönlich erbringt. Entscheidend für die Nutzung von § 3 Abs. 4 S. 3 in Verbindung mit S. 2 IHKG sei, dass sowohl die Kommanditisten der KG als auch die Gesellschafter der persönlich haftenden GmbH durchgängig „vorwiegend freiberuflich tätig“ gewesen seien und Beiträge an die Ingenieurkammer abgeführt hätten.

Quelle | VG Stuttgart, Urteil vom 9.5.2019, 4 K 13164/17, Abruf-Nr. 213741 unter www.iww.de.


Aktuelle Gesetzgebung:

Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

| Die FDP-Fraktion ist im Finanzausschuss des Bundestags mit einem Vorstoß zur Abschaffung der seit Anfang Januar geltenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen selbst bei kleinsten Einkäufen gescheitert. Somit bleibt auch die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen für Bäckereien bestehen. |

Hintergrund: Die Belegausgabepflicht muss derjenige befolgen, der Geschäftsvorfälle mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Abs. 1 der Abgabenordnung erfasst. Dies sind z. B. elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen. Wer also eine „offene Ladenkasse“ benutzt, ist von der Belegausgabepflicht nicht betroffen.

Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen von der Belegausgabepflicht befreien. Eine Befreiung kommt aber nur bei einer sachlichen oder persönlichen Härte für den Steuerpflichtigen in Betracht. Ob eine solche Härte vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und von den Finanzbehörden vor Ort zu prüfen.

Quelle | „Bon-Pflicht für Bäcker bleibt“, Finanzen/Ausschuss – 6.5.2020 (hib 472/2020); FAQ des BMF, unter www.iww.de/s3701


Besteuerung:

Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen: Es soll kein Besteuerungs-Wahlrecht geben

| Das für den Fall einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge geltende Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung und der nachgelagerten Besteuerung bei Zufluss der Rentenzahlungen findet bei einer Betriebsaufgabe keine Anwendung. Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden. |

Hintergrund: Steuerpflichtige, die ihren Betrieb auf Rentenbasis veräußern, haben ein Wahlrecht:

  • Wählt der Veräußerer die Sofortbesteuerung, muss er den Veräußerungsgewinn unabhängig vom Zufluss der Rentenzahlungen bereits im Jahr des Verkaufs versteuern. Er kann aber eventuell von einem begünstigten Veräußerungsgewinn (Freibetrag und ermäßigter Steuersatz) profitieren.
  • Bei der Zuflussbesteuerung (nachgelagerte Besteuerung) entsteht erst dann ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der Rentenzahlungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten übersteigt. Der Vorteil der späteren Versteuerung hat allerdings den Nachteil, dass die oben genannten Begünstigungen ausscheiden.

Die Zuflussbesteuerung gilt nur für Bezüge, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers dienen.

Das FG Schleswig-Holstein hatte nun über einen Fall zu befinden, in dem die Steuerpflichtige wegen der Veräußerung ihres handwerklichen Betriebs gegen Zahlung einer lebenslangen Rente die nachgelagerte Besteuerung beanspruchte. Das Problem: Sie hatte eine wesentliche Betriebsgrundlage (das Betriebsgrundstück) in ihr Privatvermögen überführt, sodass keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe vorlag und hierfür soll nur die Sofortbesteuerung in Betracht kommen.

Der Bundesfinanzhof hat das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung insbesondere damit begründet, dass bei einer Sofortbesteuerung der Rentenzahlungen ein zu hoher Gewinn versteuert wird, wenn der Rentenberechtigte früher stirbt als nach der statistischen Lebenserwartung zu erwarten wäre.

Dieses Risiko, so das FG, trägt der Steuerpflichtige zwar auch bei einer Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung verfügt er aber regelmäßig über ausreichende Mittel, um die auf den Rentenbarwert entfallende Steuer begleichen zu können. Handelt es sich um eine Betriebsaufgabe wie im Streitfall, dann kann der Steuerpflichtige die Steuer auf den Aufgabegewinn durch Veräußerung der entnommenen Wirtschaftsgüter oder durch deren Verwendung als Sicherheiten für eine Darlehensaufnahme beschaffen.

In seiner Urteilsbegründung hatte das FG zwar u. a. auch den Fall im Blick, dass die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nicht ausreichen, um die erforderlichen Mittel für die Steuerzahlung zu beschaffen. Doch auch hier ist bei der Anwendung des Wahlrechts allein danach zu unterscheiden, ob eine Betriebsveräußerung oder eine Betriebsaufgabe vorliegt. Besonderheiten des Einzelfalls können nur in einem (gesonderten) Billigkeitsverfahren Berücksichtigung finden.

Quelle | FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.1.2020, 4 K 28/18,Rev. BFH Az. X R 6/20, Abruf-Nr. 215518 unter www.iww.de.


Zuverlässigkeit:

Unzuverlässigkeit bei Fehlern in Einnahmeursprungsaufzeichnungen?

| Werden die Einnahmeursprungsaufzeichnungen fehlerhaft geführt, ist dies für sich allein genommen noch nicht ausreichend, um einen „schweren“ Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften anzunehmen, um damit eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. |

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart. Dies gilt nach Ansicht der Richter vor allem, wenn die Finanzverwaltung ein gegen den Unternehmer geführtes Steuerstrafverfahren nicht mehr fortsetzt und auch kein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts der Verletzung von abgabenrechtlichen Aufzeichnungs- bzw. Aufbewahrungspflichten eingeleitet hat. Allein eine Hinzuschätzung wegen formaler Mängel in der Buchhaltung genügt demnach nicht, um einen „schweren“ Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften anzunehmen.

Im vorliegenden Fall war es für das Gericht auch unerheblich, ob der Taxiunternehmer seine laufenden finanziellen Verpflichtungen in bar oder unbar abwickelt. Dies besage darüber hinaus nichts über dessen finanzielle Leistungsfähigkeit. Das VG hat daher die Verwaltungsbehörde dazu verpflichtet, die Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Taxen wieder zu erteilen und entgegenstehende Bescheide aufzuheben.

Quelle | VG Stuttgart, Urteil vom 27.2.19, 8 K 10743/18, Abruf-Nr. 213656 unter www.iww.de.


Sozialversicherung:

Summenbescheid: Nachgezahlte Beiträge sind kein Arbeitslohn

| Entrichtet der Arbeitgeber Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung aufgrund eines Summenbescheids nach § 28f Sozialgesetzbuch (SGB) IV nach, führt dies nicht zu Arbeitslohn beim Arbeitnehmer. |

Aus Sicht des Finanzgerichts (FG) Köln führt die Nachentrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aufgrund der Summenbescheide nicht dazu, dass Arbeitnehmer objektiv wirtschaftlich bereichert sind. Denn es fehlt an einer individuellen Zuordnung. Da das Finanzamt gegen diese Entscheidung Revision eingelegt hat, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.

Hintergrund zum Summenbescheid: Nach Satz 1 des § 28f Abs. 2 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 24.1.2020, 1 K 1041/17, Rev. BFH Az. VI R 27/20, Abruf-Nr. 215124 unter www.iww.de.

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