Jahreswechsel:
Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: GbR-Neuregelungen gelten ab 2024
| Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde das Recht der Personengesellschaften reformiert. Insbesondere für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wurden zahlreiche Bestimmungen geändert oder neu eingefügt. Das Gesetz wurde bereits Mitte 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet, es tritt aber „erst“ zum 1.1.2024 in Kraft. Daher sollte in den nächsten Monaten geprüft werden, ob und in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht. |
Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit der als Außengesellschaft auftretenden GbR ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2001 anerkannt. Die neu gefassten Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier §§ 705 ff. BGB) übernehmen dies und gehen daher von der Rechtsfähigkeit der GbR aus.
Beachten Sie | Von der rechtsfähigen GbR ist die nicht rechtsfähige GbR abzugrenzen. Für diese reinen Innengesellschaften enthalten die §§ 740 ff. BGB spezielle Regelungen.
Gesellschaftsregister
Für rechtsfähige GbR wurde mit dem Gesellschaftsregister ein eigenes öffentliches Verzeichnis geschaffen (vgl. hierzu §§ 707 bis 707d BGB). Dieses Register kann von jedermann eingesehen werden. Es beinhaltet Angaben zur Gesellschaft, zu den Gesellschaftern und zur Vertretungsbefugnis der Gesellschafter.
Beachten Sie | Die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist grundsätzlich freiwillig. Insbesondere hat die Eintragung nichts mit der Frage der Rechtsfähigkeit zu tun, das heißt, eine rechtsfähige GbR kann auch dann bestehen, wenn sie nicht in das Gesellschaftsregister eingetragen ist.
Jedoch ist die Registereintragung Voraussetzung für die wirksame Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte nämlich den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Kapitalgesellschaften sowie den Erwerb von Grundbesitz und von Immaterialgüterrechten, wenn diese in öffentlichen Registern eingetragen sind (z. B. Marken- oder Patentrechte).
Innenverhältnis
Hinsichtlich des Innenverhältnisses der GbR hat die IHK Köln folgende Punkte zusammengefasst (abrufbar unter www.iww.de/s8214):
- Wie sich die Gesellschafter untereinander organisieren, wird im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.
- Gibt es keine Regeln oder keinen Vertrag, gelten ab 2024 folgende Grundsätze:
- Die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Wurden keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 709 Abs. 3 BGB).
- Die Geschäfte führen alle Gesellschafter gemeinsam.
- Der Austritt oder die Kündigung eines Gesellschafters führt nicht mehr automatisch zur Auflösung der GbR.
Bei allen Neuerungen bleiben aber auch viele Grundsätze unverändert, z. B. haften Gesellschafter weiterhin gesamtschuldnerisch.
Beachten Sie | Die IHK Köln gibt auf ihrer Website einen Überblick über die Regelungsbereiche mit weiterführenden Links. Diese finden Sie unter www.iww.de/s8213.
Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), BGBl I 2021, S. 3436; IHK Köln „Übersicht: Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ unter www.iww.de/s8213; BGH, Urteil vom 29.1.2001, II ZR 331/00
Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit:
Zuschläge bei Urlaubsentgelt sind beitragspflichtig
| Auch wenn Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen im dreizehnwöchigen Referenzzeitraum zutreffend beitragsfrei ausgezahlt worden sind, unterliegt der auf sie entfallende Anteil des Urlaubsentgelts der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. So lautet eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen. |
Urlaubsentgelt: Bemessung nach dem Bundesurlaubsgesetz
Hintergrund: Gemäß Bundesurlaubsgesetz (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG) bemisst sich das für Urlaubszeiten zu gewährende Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.
Keine tatsächliche Leistung für den Zuschlag während des Urlaubs
Nach dem Einkommensteuergesetz (§ 3b EStG) sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Soweit sich zuvor ausgezahlte Zuschläge entgelterhöhend im Rahmen der Lohnfortzahlung für Urlaubstage auswirken, sind sie mangels damit korrespondierender tatsächlich geleisteter Arbeit während des Urlaubszeitraums nicht lohnsteuer- und beitragsfrei.
Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 8.5.2023, L 2 BA 26/22, Abruf-Nr. 235998 unter www.iww.de
Unternehmen:
Finale ausländische Betriebsstättenverluste können im Inland nicht geltend gemacht werden
| Nach der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) eine für international tätige deutsche Unternehmen wichtige Entscheidung getroffen. Danach können inländische Unternehmen Verluste aus einer im EU-Ausland belegenen Niederlassung nicht steuermindernd mit im Inland erzielten Gewinnen verrechnen, wenn nach dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für die ausländischen Einkünfte kein deutsches Besteuerungsrecht besteht. Das gilt auch dann, wenn die Verluste im Ausland steuerrechtlich unter keinen Umständen verwertbar und damit final sind. |
Das war geschehen
Eine in Deutschland ansässige Bank hatte in Großbritannien 2004 eine Zweigniederlassung eröffnet. Nachdem die Zweigniederlassung jedoch durchgehend nur Verluste erwirtschaftet hatte, wurde sie 2007 wieder geschlossen. Da die Filiale niemals Gewinne erzielt hatte, konnte die Bank die in Großbritannien erlittenen Verluste dort steuerlich nicht nutzen.
Symmetriethese kommt zur Anwendung
Doch auch in Deutschland sind die Verluste nicht nutzbar. Denn nach dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unterliegen Betriebsstätteneinkünfte aus Großbritannien nicht der deutschen Besteuerung. Entscheidend ist dabei die Symmetriethese, nach der die abkommensrechtliche Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte sowohl positive als auch negative Einkünfte, also Verluste, umfasst. Vergleichbare Regelungen enthalten eine Vielzahl der von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen.
Beachten Sie | Wie der BFH nach Anrufung des EuGH entschied, verstößt dieser Ausschluss des Verlustabzugs auch im Hinblick auf finale Verluste nicht gegen das Unionsrecht.
Quelle | BFH, Urteil vom 22.2.2023, I R 35/22 (I R 32/18), Abruf-Nr. 234963 unter www.iww.de; PM Nr. 24/23 vom 27.4.2023
Apothekergesetz:
Darlehensv02erträge mit einem Apotheker als Darlehensnehmer
| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun eine wichtige Frage zur Wirksamkeit von Darlehensverträgen entschieden, die zwischen dem Inhaber einer Apotheke und einer Gesellschaft geschlossen worden sind, die verschiedene Dienstleistungen für diese Apotheke erbringt und die sich ein bedingungsloses Optionsrecht zum Erwerb der Apotheke hat versprechen lassen. |
Die Klägerin bietet verschiedene Dienstleistungen für Apotheken an. Der Beklagte ist Apotheker. Die Parteien schlossen diverse Darlehensverträge über eine Gesamtsumme von fast zwei Millionen Euro. Zudem hatte die Klägerin eine Erwerbsoption an den Apotheken des Beklagten aus einem anderen Rechtsverhältnis. Die Parteien streiten über die Rückgewähr der ausgereichten Darlehen.
Fraglich war, ob die Darlehensverträge wirksam sind. „Ja“, sagt der BGH. Ein Verstoß gegen das Apothekergesetz (hier: § 7 S. 1 ApoG) sei nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift verpflichtet die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. Regelungen, die der Klägerin eine Einflussnahme auf die Leitung der Apotheke ermöglichen würden, finden sich in den Darlehensverträgen nicht.
Die Darlehen und die Rückzahlungspflichten des Apothekers führen zu keiner Beherrschung des Beklagten durch die Klägerin aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit, so der BGH. Die finanzielle Belastung des Apothekers hierdurch sei zwar erheblich. Die Höhe der Forderung relativiere sich aber im Hinblick auf den Umsatz des Apothekers (2018: rund 24.000.000 Euro).
Auch die Gesamtbetrachtung der vertraglichen Rechtsbeziehungen führe zu keinem anderen Ergebnis.
Quelle | BGH, Urteil vom 4.5.2023, IX ZR 157/21