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Gesetzentwurf: Manipulation von Registrierkassen soll mit neuer Sicherheitstechnik bekämpft werden
| Die Bundesregierung will die Steuerhinterziehung durch manipulierte Kassenaufzeichnungen bekämpfen. Daher hat sie einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach elektronische Registrierkassen künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen. Die folgenden Informationen basieren im Kern auf einer Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums. |
1. Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung
Nach dem Gesetzentwurf sollen die Grundaufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet auf einem Speichermedium gesichert werden. Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen dafür über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die aus drei Bestandteilen besteht: Sicherheitsmodul, Speichermedium und digitale Schnittstelle.
Das Sicherheitsmodul gewährleistet, dass Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht mehr unerkannt manipuliert werden können. Auf dem Speichermedium werden die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist gespeichert. Die digitale Schnittstelle gewährleistet eine Datenübertragung für Prüfungszwecke.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll die technischen Anforderungen an diese Sicherheitseinrichtung definieren und anschließend entsprechende Anbieterlösungen zertifizieren.
Die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt entwickelte INSIKA-Smartcard erfüllt bereits heute viele Anforderungen des vorgesehenen Zertifizierungsverfahrens. Diese Smartcard dürfte somit ohne größeren Aufwand nach kleineren, noch erforderlichen Anpassungen als ein technisches Sicherheitsmodul zertifiziert werden können.
Beachten Sie | Der Gesetzentwurf sieht nicht die Einführung einer allgemeinen Registrierkassenpflicht vor. Zudem beinhaltet der Entwurf keine Belegausgabepflicht. Allerdings soll gesetzlich geregelt werden, dass jedem Kunden das Recht zusteht, einen Beleg zu fordern.
2. Steuerkontrolle durch Kassen-Nachschau und Sanktionen
Ergänzend zu den bereits vorhandenen Instrumenten der Steuerkontrolle soll eine Kassen-Nachschau gesetzlich eingeführt werden. Das ist keine Außenprüfung im Sinne der Abgabenordnung (AO), sondern ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme oder offener Ladenkassen.
Bei einer Kassen-Nachschau soll der Amtsträger ohne vorherige Ankündigung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und -ausgaben überprüfen können. Sofern ein Anlass zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen, -buchungen oder der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung besteht, kann der Amtsträger ohne vorherige Prüfungsanordnung zur Außenprüfung übergehen.
Werden Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Nutzung der technischen Sicherheitseinrichtung festgestellt, sollen diese als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden können.
3. Inkrafttreten
Derzeit gibt es keine Kassensysteme, die die Anforderungen des neuen Zertifizierungsverfahrens erfüllen. Die einzuführende zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung soll aber bei vielen Kassensystemen nachgerüstet werden können. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 1,7 Mio. Kassen nachgerüstet werden können und 411.000 Kassen neu angeschafft werden müssen.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Die Vorgaben zur zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, zur Kassen-Nachschau und zur Sanktionierung sollen erstmals ab dem 1.1.2020 anzuwenden sein.
Übergangsregelung: Wurden Registrierkassen nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft, dann dürfen diese Kassen bis zum 31.12.2022 weiter verwendet werden. Voraussetzung: Sie entsprechen den Anforderungen des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 26.11.2010 (u. a. Einzelaufzeichnungspflicht) und sie sind bauartbedingt nicht aufrüstbar, sodass sie die Anforderungen des § 146a AO-Regierungsentwurf nicht erfüllen.
In diesem Zusammenhang ist auf eine weitere Übergangsregel hinzuweisen. Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 26.11.2010 sieht nämlich für Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnung und ohne Datenexportmöglichkeit Erleichterungen vor, wenn diese nicht mit Softwareanpassungen und Speichererweiterungen aufgerüstet werden können. Dieses Zugeständnis der Verwaltung endet indes zum 31.12.2016, sodass diese Geräte nur noch bis zum Jahresende einsetzbar sind. Diese Frist wird durch den Gesetzentwurf nicht verlängert.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es sich bis dato „nur“ um einen Gesetzentwurf handelt, sodass im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen möglich sind.
QUELLE | Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 13.7.2016; BMF mit Fragen und Antworten: Schutz vor Manipulationen an elektronischen Registrierkassen, unter www.iww.de/sl1928; BMF, Schreiben vom 26.11.2010, IV A 4 – S 0316/08/10004-07
Gesellschaftsformen:
Sieben Jahre Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
| Seit sieben Jahren gibt es die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG). Das Amtsgericht München gibt einen Überblick dazu. |
Zwei Handwerker aus München gründeten 2006 eine Schreinermeister E. Ltd. mit Sitz in London. Die Kunden sind sehr misstrauisch aufgrund der Firmierung und des Sitzes im Ausland. Deshalb melden die beiden Schreiner eine Zweigniederlassung ihrer Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister München an. Das war sehr aufwendig, weil sie Übersetzungen, Überbeglaubigungen sowie die Auskunft eines englischen Notars beibringen mussten. Als die beiden Gesellschafter in Streit gerieten, musste die Auseinandersetzung vor einem englischen Gericht geführt werden. Weil die beiden Handwerker dann keine Bilanz nach englischem Recht eingereicht hatten, wurde die Gesellschaft dort gelöscht. Dies hatte zur Folge, dass die beiden persönlich für alle Schulden haften mussten. Letztendlich mussten sie den Betrieb einstellen.
Um solche Fälle für die Zukunft zu vermeiden, wurde 2008 eine neue Gesellschaftsform geschaffen. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde im November 2008 eine neue Variante der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eingeführt: Die Unternehmergesellschaft – kurz UG –haftungsbeschränkt. Diese gewinnt zahlenmäßig sehr an Bedeutung.
- Ausgangspunkt der Gesetzgebung war, dass sich in Deutschland immer mehr Unternehmer ausländischer Rechtsformen bedienten, da sie das für eine GmbH vorgeschriebene Mindestkapital von 25.000 EUR nicht aufbringen konnten oder wollten, andererseits aber das Bedürfnis nach einer Haftungsbeschränkung hatten. Sie gründeten daher – wie die beiden Handwerker im oben geschilderten Fall – insbesondere Private Limited Companies nach englischem Recht (mit einem Kapital von manchmal nur 1 GBP oder 1 EUR), deren Zweigniederlassung im deutschen Handelsregister eingetragen wurde. Oft bestand kein weiterer Bezug nach England. Die alleinige Geschäftstätigkeit fand in Deutschland statt (sogenannte Scheinauslandsgesellschaft).
- Die zunehmende Zahl solcher ausländischer Gesellschaften im deutschen Geschäftsverkehr führte nicht nur bei den Geschäftspartnern dieser Limited zu Problemen, etwa bei der Frage des Gerichtsstands oder auch des anzuwendenden Rechts. Auch aufseiten der Inhaber solcher ausländischer Gesellschaften entstanden vielfach Probleme, insbesondere bei der Anwendung englischen Gesellschafts- oder auch Bilanzierungsrechts. Nicht zuletzt erforderte auch die Eintragung der Zweigniederlassungen im deutschen Handelsregister vertiefte Kenntnisse des ausländischen Rechts, da auch das deutsche Register die Verhältnisse der ausländischen Hauptniederlassung zutreffend wiedergeben muss.
- Der deutsche Gesetzgeber reagierte hierauf mit der Einführung einer neuen Variante der GmbH, nämlich der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach § 5a GmbHG. Diese ist eine GmbH, deren Stammkapital geringer ist. Das Mindest-Stammkapital beträgt 1 EUR. Die Unternehmergesellschaft soll einen Einstieg in die GmbH bieten und Gründungen erleichtern. Im Gegenzug muss sie jährlich ein Viertel ihres Jahresüberschusses zurücklegen, um damit Verluste auszugleichen oder ihr Stammkapital zu erhöhen. Wird das Stammkapital schließlich auf 25.000 EUR (oder mehr) erhöht, kann die UG (haftungsbeschränkt) ihre Bezeichnung auf GmbH ändern.
Die UG (haftungsbeschränkt) wurde seit ihrer Einführung im November 2008 stark angenommen. Während Anträge auf Eintragung von Limited beim Handelsregister München zurückgingen, stiegen die Zahlen registrierter UG (haftungsbeschränkt) beständig an.
Gesellschafter wie Geschäftspartner gewinnen hierdurch rechtliche Sicherheit, da sie so auf dem gewohnten Boden des deutschen Rechts stehen. Die Problematik, ob eine solche UG (haftungsbeschränkt) ein wirtschaftlich potenter Partner ist, muss bei einem Stammkapital von manchmal nur 1 EUR selbstverständlich besonders geprüft werden.
UG sind in Deutschland eine immer beliebter werdende Gesellschaftsform mit enormen Vorteilen bei der Haftungsbeschränkung. Es ist nicht erkennbar, dass diese Unternehmensform zulasten der Geschäftspartner und Angestellten missbraucht wird.
Der Anteil an UG-Gesellschaften, die am Amtsgericht München im Jahr 2015 in Zivilprozesse verwickelt waren, liegt bei 0,75 Prozent bezogen auf alle neu anhängig gewordenen Zivilverfahren.
Aussagen zu strafbarem Verhalten sind nicht möglich, da es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt. Es gab 2015 am Amtsgericht München lediglich zwei Verfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, an denen Geschäftsführer einer UG beteiligt waren.
QUELLE | Amtsgericht München
Altersversorgung:
BFH missbilligt Arbeitszeitkonto für Geschäftsführer einer GmbH
| Mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers ist es nicht vereinbar, dass er durch die Führung eines Arbeitszeitkontos auf seine unmittelbare Entlohnung zugunsten später zu vergütender Freizeit verzichtet. |
Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall eines alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführers einer GmbH (GGf) entschieden. Dieser hatte mit der Gesellschaft vereinbart, dass ein Teil seines Gehalts auf ein „Investmentkonto“ abgeführt werden sollte, das für ihn bei einer Bank eingerichtet wurde. Mit dem Guthaben sollte ein vorgezogener Ruhestand oder die Altersversorgung des GGf finanziert werden. Die GmbH zahlte monatlich 4.000 EUR auf das Investmentkonto. Sie bildete in Höhe dieser Zahlungen eine einkommensmindernde Rückstellung für ein „Zeitwertkonto“. Lohnsteuer behielt die GmbH nicht ein. Der GGf erhielt nur noch ein entsprechend gemindertes lohnsteuerpflichtiges Gehalt.
Der BFH sah das anders: Es liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die das Einkommen der GmbH nicht mindert. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde mit einem Fremdgeschäftsführer kein Arbeitszeit- oder Zeitwertkonto vereinbaren. Die Allzuständigkeit des GmbH-Geschäftsführers verpflichte ihn, Arbeiten auch dann zu erledigen, wenn sie außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus anfallen. Ansonsten käme es zu einer mit der Organstellung nicht vereinbaren Abgeltung von Überstunden.
QUELLE | BFH, Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15, Abruf-Nr. 184745 unter www.iww.de.