Baurecht Info - 01.2019

1.01.2019
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Öffentliche Aufträge:

Preisabstand von 20 Prozent: Angebot intensiv prüfen

| Liegt das Angebot des günstigsten Bieters um mehr als 20 Prozent unter dem des nächsten, muss der Auftraggeber in die Auskömmlichkeitsprüfung einsteigen und das in der Vergabeakte so dokumentieren, dass es die Nachprüfungsinstanz nachvollziehen kann. Floskelhafte und oberflächliche Ausführungen des involvierten Ingenieurbüros reichen nicht. In dem Fall muss das Vergabeverfahren wiederholt werden. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Es schreibt wörtlich: „Eine umsichtige, vorausschauend handelnde Vergabestelle wird auf Erläuterungen des Bieters nicht verzichten, wenn die Aufgreifschwelle erreicht ist“. Dieser muss dann anhand seiner Kalkulation darlegen, dass der Preis, den er angeboten hat, für ihn auskömmlich ist. Widersprüche zwischen der Auftragsschätzung und dem Angebot muss die Vergabestelle bzw. das von ihr beauftragte Ingenieurbüro auflösen.

Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.8.2017, VII-Verg 17/17, Abruf-Nr. 199945 unter www.iww.de.


Planungsleistungen:

Kostenschätzung hat bis zu 40 Prozent Toleranz

| Ein Architekt hat bei seiner Kostenschätzung einen Toleranzrahmen. Dieser liegt bei einer vorgezogenen Grobkostenschätzung im Bereich von 30 bis 40 Prozent. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig festgestellt. Interessant an der Entscheidung sind auch die Aussagen zum „Vertragsgegenstand“ eines – mündlichen – Architektenvertrags, der zum Ausbaustandard des konkreten Projekts nichts regelt. Dann wird für eine Modernisierung – und die dafür erstellte Kostenschätzung – der Mindeststandard „Herstellung für ordnungsgemäßes Wohnen“ (und nicht die Modernisierung nach neuesten Bauvorschriften) zugrunde gelegt. Das heißt:

  • Es dürfen keine Sachverhalte vorliegen, die die Gesundheit und Sicherheit gefährden.
  • Die Standsicherheit und der erforderliche Brandschutz müssen in allen Bereichen voll gegeben sein.
  • Die Wohnverhältnisse sind hygienisch einwandfrei.
  • Bestehende Gesetze und Verordnungen werden eingehalten.

Unter diesen Prämissen steht dem Architekten bei einer vorgezogenen Grobkostenschätzung ein Toleranzrahmen zur Verfügung, der im Bereich von 30 bis 40 Prozent liegen dürfte.

Quelle | OLG Schleswig, Urteil vom 22.3.2018, 7 U 48/16, Abruf-Nr. 200802 Unter www.iww.de.


Haftung: BGH:

Fiktive Mängelbeseitigungskosten sind nicht mehr abrechenbar

| Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, hat einen Schadenersatzanspruch. Diesen kann er aber nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen. Er muss den konkreten Vermögensschaden ermitteln. |

Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert.

Wichtig | Die BGH-Entscheidung gilt auch im Verhältnis zu Architekten oder Ingenieuren. Haben diese einen Planungs- oder Überwachungsfehler begangen, der sich im Bauwerk bereits verwirklicht hat, hat der Bauherr keinen Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten mehr. Hat er das Werk schon veräußert, muss er seinen Schaden nach dem konkreten Mindererlös berechnen, den er erzielt hat, weil das Werk einen Mangel aufwies.

Quelle | BGH, Urteil vom 22.2.2018, VII ZR 46/17, Abruf-Nr. 200213 unter www.iww.de.


Architektenrecht:

Richter können Prozess durch „Ohrenschein“ entscheiden

| Gibt es keine technische Norm, die eine beklagte Mangelerscheinung regelt, kann ein Gericht mittels „Ohrenschein“ ermitteln, ob der Mangel wirklich vorliegt. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München festgestellt. Im konkreten Fall hatte der Käufer einer „Eigentumswohnung mit hochwertiger Ausstattung“ und ruhiger Innenhoflage moniert, dass der Estrich im Obergeschoss Dröhngeräusche abgab. Für ihn war die Wohnung deshalb funktionsuntüchtig. Das Dröhnen würde im Widerspruch mit der hochwertigen Ausstattung und der versprochenen ruhigen Innenhoflage stehen.

Der vom Gericht festgelegte Ortstermin ergab zunächst, dass die Ausführung den technischen Regelwerken entsprach. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass das nur für wenige Menschen hörbare Dröhnen in keinem technischen Regelwerk geregelt war. Folglich blieb dem Gericht nur, nach „eigenem Ohrenschein“ zu urteilen. Da aber nur ein Teil der Richter das Dröhnen wahrnahm, entschied das Gericht, dass kein Mangel vorlag. Das Dröhnen lag unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle.

Quelle | OLG München, Urteil vom 8.8.2017, 9 U 3652/16 Bau, Abruf-Nr. 200789 unter www.iww.de.

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