Haftungsrecht:
BGH: Keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten mehr abrechenbar
| Der Bauherr, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, hat einen Schadenersatzanspruch. Diesen kann er aber nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen. Er muss den konkreten Vermögensschaden ermitteln. |
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert. Die BGH-Entscheidung gilt auch im Verhältnis zum Architekten. Hat er einen Planungs- oder Überwachungsfehler begangen, der sich im Bauwerk bereits verwirklicht hat, hat der Bauherr keinen Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten mehr. Hat er das Werk schon veräußert, muss er seinen Schaden nach dem konkreten Mindererlös berechnen, den er erzielt hat, weil das Werk einen Mangel aufwies.
Quelle | BGH, Urteil vom 22.2.2018, VII ZR 46/17, Abruf-Nr. 200213 unter www.iww.de.
Öffentliche Aufträge:
Bei Preisabstand von 20 Prozent muss Angebot intensiv geprüft werden
| Liegt das Angebot des günstigsten Bieters um mehr als 20 Prozent unter dem des nächsten, muss der Auftraggeber in die Auskömmlichkeitsprüfung einsteigen und das in der Vergabeakte so dokumentieren, dass es die Nachprüfungsinstanz nachvollziehen kann. Floskelhafte und oberflächliche Ausführungen des involvierten Ingenieurbüros reichen nicht. In dem Fall muss das Vergabeverfahren wiederholt werden, so das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. |
Das OLG schreibt wörtlich: „Eine umsichtige, vorausschauend handelnde Vergabestelle wird auf Erläuterungen des Bieters nicht verzichten, wenn die Aufgreifschwelle erreicht ist“. Dieser muss dann anhand seiner Kalkulation darlegen, dass der Preis, den er angeboten hat, für ihn auskömmlich ist. Widersprüche zwischen der Auftragsschätzung und dem Angebot muss die Vergabestelle bzw. das von ihr beauftragte Ingenieurbüro auflösen.
Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.8.2017, VII-Verg 17/17, Abruf-Nr. 199945 unter www.iww.de.
Architektenrecht:
Projektsteuerer ist kein Bauüberwacher!
| Es gibt kein Regelwerk, in dem steht, was ein Projektsteuerer leisten muss. Die Aufgaben ergeben sich daher aus den konkreten vertraglichen Absprachen. Ohne vertragliche Festlegung ist nicht davon auszugehen, dass ein Projektsteuerer mit Aufgaben der Objektplanung, insbesondere der Bauaufsicht, betraut worden ist. Das gilt erst recht, wenn ein Architekt beauftragt worden ist. |
So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle in Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH). Auch das BGB 2018 geht davon aus, dass Projektsteuerer keine werkvertraglichen Leistungen erbringen. Soll das der Fall sein, bedarf es der genauen Leistungsbeschreibung im Projektsteuerungsvertrag.
Quelle | OLG Celle, Urteil vom 27.08.2015, 16 U 41/15, Abruf-Nr. 199691 unter www.iww.de.
Werkvertragsrecht:
Prüfvermerk auf der Rechnung: Was sagt er aus?
| Der Prüfvermerk auf einer Rechnung weist nur nach, dass eine rechnerische Prüfung (z. B. eines Gesamtrechnungsergebnisses) erfolgt ist. Er hindert den Auftraggeber aber nicht daran, die so ermittelten Berechnungsansätze (z. B. Mengenansätze) zu bestreiten. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München im Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt.
Hintergrund | Im Tagesgeschäft wird oft darüber gestritten, welche Wirkung ein Prüfvermerk in Bezug auf die von den Prüfvermerken betroffenen Beträge ausübt. Typische Beispiele sind, dass
- Planer Abschlagsrechnungen stellen und der Prüfvermerk einen anderen Leistungsstand widergibt als derjenige, der sich bei der Schlussrechnung als richtig herausstellt;
- der ausführende Unternehmer auf einer Rechnung den Prüfvermerk der Bauüberwachung vorweist („fachtechnisch und rechnerisch geprüft mit … Euro“) und der Auftraggeber trotzdem eine Kürzung vornimmt.
Nach der Entscheidung steht also fest, dass der Prüfvermerk nur nachweist, dass die Rechnung rechnerisch geprüft worden ist. Der Auftraggeber kann die ermittelten Berechnungsansätze später trotzdem bestreiten. Rechtskraft erlangt der Prüfvermerk dagegen, wenn der Auftraggeber die Bauüberwachung mit Rechnungsprüfung selbst durchgeführt und Umfang sowie Menge der Leistung an Ort und Stelle festgestellt hat.
Quelle | OLG München, Beschluss vom 30.12.2016, 13 U 3469/16 Bau, Abruf-Nr. 199683 unter www.iww.de.