Baurecht Info - 05.2023

2.05.2023
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Wirksame Kündigungserklärung:

Bauvertrag: Eine Kündigung wird nicht einfach entbehrlich

| Bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers kann eine Kündigungserklärung des Auftraggebers zwar entbehrlich sein. Dann muss der Auftraggeber aber zumindest stillschweigend zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden. |

In einem Bauvertrag, der nach dem 31.12.2017 geschlossen wurde, hatten die Parteien die VOB/B vereinbart. Bereits während des Bauvorhabens kam es zwischen ihnen zum Streit über Mängel. Es schlossen sich ein Straf- und ein Zivilprozess über Werklohn an. Bei Letzterem war u. a. im Streit, ob der Auftraggeber den Vertrag wirksam gekündigt hatte. Denn er hatte nur eine E-Mail versandt, an die ein PDF-Dokument mit einer Kündigungserklärung angehängt war.

Das OLG verneinte eine wirksame Kündigung und sprach dem Auftragnehmer den Werklohn zu. Das OLG: Ein Bauvertrag muss schriftlich gekündigt werden mit entweder eigenhändiger Unterschrift oder notariell beglaubigtem Handzeichen. Dies war hier nicht gegeben.

An die Annahme einer Erfüllungsverweigerung sind ebenfalls strenge Anforderungen zu stellen. Es muss deutlich sein, dass sich der Schuldner über das auf die vertragliche Leistung gerichtete Erfüllungsverlangen des Gläubigers im Klaren ist und ohne Rücksicht auf die möglichen Folgen gewissermaßen als sein letztes Wort seine Weigerung zum Ausdruck bringt. Meinungsverschiedenheiten über das Vorhandensein von Mängeln bzw. bloßes Untätigbleiben des Auftragnehmers reichen für die Annahme einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung also nicht aus. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | OLG München, Beschluss vom 3.2.2022, 28 U 3344/21 Bau


Planungsmangel:

Entschädigung für Nutzungsausfall rechtens?

| Bei Mängeln, die vom Planer verursacht wurden, stellt sich oft die Frage, ob für den Zeitraum der Fertigstellung der Baumaßnahme bis zur Mangel-beseitigung ein anteiliger Schadenersatz als Nutzungsausfall gerechtfertigt ist. Das Kammergericht (KG) Berlin dazu planerfreundlich: Nutzungsausfall setzt voraus, dass eine Nutzung bis zur Mangelbeseitigung tatsächlich unzumutbar war. Dabei muss der Bauherr eine gewisse Toleranz zeigen, wie sie im täglichen Leben üblich ist. |

Ein sommerlicher Wärmeschutz in einem mehrgeschossigen Wohnhaus war mangelhaft. Dadurch heizten sich die oberen Räume auf.

Das KG: Selbst, wenn man für große Bereiche des Hauses überhöhte Temperaturen im Sommer unterstelle und ein Anteil der Wohnfläche daher nicht nutzbar sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Einschränkungen so groß waren, dass sie objektiv als Entzug der kompletten Nutzung anzusehen waren. Das gelte vor allem, wenn wie hier die Räume im Erdgeschoss und 1. OG noch genutzt werden konnten, weil dort die Temperaturen merklich niedriger waren als im 2. OG (Leichtbaukonstruktion). Das Prozessergebnis kam wohl auch deswegen zustande, weil die Bauherren nicht vorgetragen hatten, wenigstens für eine gewisse Zeit eine Ersatzwohnung beschafft zu haben.

Quelle | KG Berlin, Urteil vom 21.10.2022, 7 U 1101/20, Abruf-Nr. 233261 unter www.iww.de


Verwaltungsrecht:

Keine Beseitigungspflicht von Hindernissen auf Privatweg

| Das Verwaltungsgericht (VG) Trier hat Verfügungen einer Verbandsgemeinde aufgehoben, mit denen sie den beiden Klägern aufgegeben hatten, Hindernisse auf einem Privatweg zu beseitigen. |

Das war geschehen

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks im Verbandsgemeindegebiet der Beklagten. Über dieses Grundstück verläuft ein Teilstück eines Wirtschaftswegs, der in seinem weiteren Verlauf an ein Jagdhaus grenzt. Diesen Weg haben die Kläger mit verschiedenen Gegenständen wie Baumstämmen und Ketten versperrt und Schilder unter anderem mit der Aufschrift „PRIVATGRUNDSTÜCK. Unbefugten ist das Betreten und Befahren verboten“ angebracht.

Im Juni 2022 forderte die Beklagte die Kläger auf, die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsweges zu prüfen und die Hindernisse zu beseitigen, da die Sperrung des Weges ein Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Betretungsrecht darstelle und eine Benutzung des Weges für die Allgemeinheit, Forstwirtschaft, Rettungsketten der Feuerwehr und den Katastrophenschutz nicht möglich sei. Hiergegen legten die Kläger innerhalb der Monatsfrist Widersprüche ein.

Da über diese Widersprüche nicht entschieden wurde, haben die Kläger Klage gegen die Verfügungen erhoben. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, für den Erlass der Verfügungen sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Bei dem streitgegenständlichen Weg, von dem keine Gefahren ausgingen, handele es sich um einen privaten, nicht um einen öffentlichen Wirtschaftsweg.

So entschied das Verwaltungsgericht

Das VG hat der Klage stattgegeben. Die angefochtenen Verfügungen seien rechtswidrig, da keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei, auf die sich die Verbandsgemeinde stützen könnten. Eine Ermächtigungsgrundlage ergebe sich nicht aus dem Naturschutzrecht, da die in Betracht kommende naturschutzrechtliche Eingriffsklausel lediglich die Kreisverwaltung ermächtige. Auch könne sie die Verfügung nicht auf Vorschriften des Landesstraßengesetzes stützen, da es sich bei dem streitgegenständlichen Weg nicht um eine öffentliche Straße handele. Ferner könnte die Verbandsgemeinde die Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung nicht als Rechtsgrundlage heranziehen, da sie für den Erlass einer hierauf gestützten Verfügung ebenfalls nicht zuständig seien, sondern die Straßenverkehrsbehörde der Kreisverwaltung.

Darüber hinaus sei die polizeiliche Generalklausel (§ 9 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz) nicht einschlägig, da dieser Rückgriff wegen der Spezialität der naturschutz- sowie der straßenverkehrsrechtlichen Eingriffsbefugnis der Kreisverwaltung gesperrt sei. Daraus, dass der Weg nicht mehr für Feuerwehr und Rettungskräfte befahrbar sei, ergebe sich ebenfalls keine Ermächtigungsgrundlage, da dies im Rahmen einer straßen- oder straßenverkehrsrechtlichen Ordnungsverfügung relevant werden könnte, jedoch die Verbandsgemeinde für den Erlass entsprechender Verfügungen nicht zuständig sei. Auch sei keine öffentlich-rechtliche Pflicht der Kläger ersichtlich, wonach diese für die Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke Dritter zu sorgen hätten.

Gegen die Entscheidung ist die Berufung zulässig.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 25.1.2023, 9 K 2995/22.TR, PM 4/23

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