Bauvertrag:
Kündigung wegen nicht erbrachter Vorleistungen: Auftragnehmer muss Mängel nicht (mehr) beseitigen
| Vorleistungen anderer Unternehmer oder planerische Vorleistungen, ohne die der Auftragnehmer „seinen“ Mangel nicht beseitigen kann, sind Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers. Kommt der Auftraggeber seinen Mitwirkungshandlungen nicht innerhalb einer ihm vom Auftragnehmer gesetzten angemessenen Frist nach, kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden. Die Richter machten deutlich, dass dies sowohl im BGB- als auch im VOB-Vertrag gelte. Kündigt der Auftragnehmer nach fruchtlosem Fristablauf den Vertrag, muss er Mängel nicht mehr beseitigen und kann seine Leistungen endgültig abrechnen. Allerdings kann er dann nicht den vollen Werklohn verlangen. Vielmehr sind die vorhandenen Mängel insoweit zu berücksichtigen, als die Kosten der erforderlichen Mängelbeseitigung ohne Berücksichtigung eines Druckzuschlags in Abzug zu bringen sind.
Quelle | OLG München, Urteil vom 17.3.2015, 9 U 2856/11 Bau, Abruf-Nr. 188817 unter www.iww.de.
Beweislast:
Pauschalpreis behauptet: Auftraggeber muss Angaben zu Ort, Zeit und Begleitumständen machen
| Beim Werkvertrag muss zwar grundsätzlich nicht Ort, Zeit und Umstände behaupteter Vertragsvereinbarungen dargelegt werden. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Auftraggeber behauptet, es sei ein Pauschalpreis vereinbart worden. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden. Nach der gesetzlichen Beweislastverteilung muss der Auftragnehmer eine solche manipulativem Prozessvortrag zugängliche Behauptung widerlegen. Damit obliegt ihm der Beweis einer negativen Tatsache. Der Auftraggeber muss daher zunächst im Einzelnen darlegen, mit welchem genauen Inhalt, wann, wo, mit wem und unter welchen Umständen die behauptete Pauschalpreisvereinbarung getroffen worden sein soll. Fehlt es daran, ist das Pauschalpreisvorbringen des Auftraggebers unschlüssig und damit zugunsten des beweisbelasteten Auftragnehmers unbeachtlich.
Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 23.9.2015, 5 U 212/15, Abruf-Nr. 188818 unter www.iww.de.
Flurstücksgrenzen:
Kein Ermessen bei katasterrechtlicher Grenzfeststellung
| Werden Flurstücksgrenzen festgestellt, ist dem Vermessungs- und Katasteramt kein Ermessen eingeräumt. Es ist nicht befugt, aus mehreren möglichen Grenzverläufen einen auszuwählen. |
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz. Der Kläger ist Eigentümer zweier Grundstücke, die an einen Weg der Gemeinde angrenzen. Die ursprüngliche Vermessung dieses Bereichs des Weges erfolgte im 19. Jahrhundert nach dem nassauischen Kataster. Da eine durchgängige Kontrolle der Urmessung nicht gegeben ist, galten die Flurstücksgrenzen des Wegs nach der Handhabung des Vermessungs- und Katasteramts als noch nicht festgestellt. In einem Termin vor Ort im November 2009 stellte das Vermessungs- und Katasteramt dann die Flurstücksgrenze des Wegs zu den Grundstücken des Klägers erstmalig fest. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage, weil er die Grenzbestimmung für fehlerhaft hielt. Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren holte das OVG ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob die wissenschaftlichen Vorgaben und geltenden Richtlinien für das Verfahren bei Liegenschaftsvermessungen in Rheinland-Pfalz eingehalten worden seien. Nach Erörterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung gab das Oberverwaltungsgericht der Klage statt.
Im vorliegenden Fall könne sich die vom Vermessungs- und Katasteramt vorgenommene Feststellung der in der Örtlichkeit zu rekonstruierenden Grenze nicht auf eine ausreichende Anzahl von identischen Punkten stützen. Auf der Grundlage der bisher vorgefundenen identischen Punkte sei nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens davon auszugehen, dass zumindest ein abweichender, vermessungstechnisch aber ebenso abgesicherter Grenzverlauf festgestellt werden könne und damit keine eindeutige Grenze vorliege.
Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.1.2016, 1 A 10955/13.OVG, Abruf-Nr. 188819 unter www.iww.de.
Fassadenarbeiten:
Zurückbehaltungsrecht gegen restliche Werklohnansprüche bei Farbabweichung
| Kommt es bei Fassadenarbeiten beim Anstrich zu Farbabweichungen und werden Folien zum Schutz der Fenster nach Abschluss der Arbeiten nicht vollständig und rückstandsfrei entfernt, liegt darin ein Mangel. Für diesen muss der Unternehmer gewährleistungsrechtlich einstehen. |
Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Paderborn. Liegen die Mängel in Bereichen, die nicht ohne Weiteres sofort einsichtig sind, steht dem Besteller ein Zurückbehaltungsrecht gegen restliche Werklohnansprüche zu. Dies gilt auch, wenn er sich ein solches nicht bei der Abnahme vorbehalten hat.
Quelle | LG Paderborn, Urteil vom 23.9.2015, 4 O 96/14, Abruf-Nr. 188820 unter www.iww.de.