Abgabenstreit:
Keine Ausbaubeiträge für ungenutzte Grundstücke, die nicht an einer Verkehrsanlage angrenzen
| Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat jetzt entschieden: Die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für Grundstücke, die keinen Zugang bzw. keine Zufahrt zu einer Verkehrsanlage haben und auch nicht genutzt werden, scheidet aus. Dies gilt auch, wenn die Eigentümer dieses Grundstücks und des Anliegergrundstücks identisch sind. |
Das war geschehen
Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke, von dem eines unmittelbar an eine Straße ihrer Gemeinde angrenzt. Direkt hinter diesem Grundstück befindet sich das zweite Grundstück, das weder eine Zufahrt oder Zuwegung zu einer Straße hat noch unmittelbar über das vordere Grundstück der Klägerin angefahren werden kann. Dieses Grundstück wird von der Klägerin nicht genutzt; Wiese und Sträucher wachsen dort wild.
Die beklagte Gemeinde erhob im Jahr 2019 wiederkehrende Ausbaubeiträge für beide Grundstücke. Nachdem der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin keinen Erfolg hatte, verfolgte sie ihr Begehren im Klageweg weiter.
Hinterliegergrundstück nicht genutzt: keine Beiträge
Die Klage hatte in Bezug auf das Hinterliegergrundstück Erfolg. Während das an die Straße angrenzende Grundstück der Klägerin ohne Weiteres beitragspflichtig sei, hätten, so das VG, für das dahinterliegende Grundstück keine Beiträge erhoben werden dürfen. Zwar sei ein Hinterliegergrundstück, das im (Mit)Eigentum derselben Person stehe, wie das selbstständig bebaubare Anliegergrundstück, beitragspflichtig, wenn es zusammen mit diesem einheitlich genutzt werde oder tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße besitze. Von einer einheitlichen Nutzung sei aber nur auszugehen, wenn ein Eigentümer sein Hinterliegergrundstück als private Grünfläche (Hausgarten mit Nebengebäude) für das mit einem Wohnhaus bebaute Anliegergrundstück nutze. Dies sei bei dem Hinterliegergrundstück der Klägerin jedoch nicht der Fall. Es werde überhaupt nicht genutzt. Beide Parzellen seien durch einen Maschendrahtzaun voneinander getrennt, sodass sie nicht einheitlich umfriedet seien. Eine Gartennutzung finde ausschließlich auf der Fläche südwestlich des Wohnhauses der Klägerin auf dem Anliegergrundstück statt.
Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz zu.
Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 21.2.2022, 4 K 1019/21.KO, PM 18/22
Projektförderung:
Fußballverein kann öffentlicher Auftraggeber werden
| Ein Fußballverein, der von der öffentlichen Hand Mittel erhält, mit denen der Bau eines Nachwuchsleistungszentrums zu mehr als 50 Prozent subventioniert wird, ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts. Folge: Er muss die Planungsleistungen EU-weit ausschreiben. Das hat die Vergabekammer (VK) Berlin klargestellt. |
Im konkreten Fall hatte sich die öffentliche Förderung nach den 2019 geschätzten Gesamtkosten gemäß Bauplanungsunterlage auf 58 Prozent belaufen. Die Ausschreibung hatte der Verein auch Mitte 2021 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Als ein übergangener Bieter einen Nachprüfungsantrag stellte, bestritt der Verein aber, öffentlicher Auftraggeber zu sein. Er berief sich darauf, dass die Gesamtkosten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon so weit gestiegen waren, dass die Förderquote nur noch bei 48,6 Prozent gelegen habe. Somit sei er kein öffentlicher Auftraggeber (mehr).
Das sah die VK anders. Entscheidend sei, dass der Verein im maßgeblichen Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung mit einer Förderquote von 58 Prozent kalkuliert habe. Damit war er öffentlicher Auftraggeber. Dem stehe nicht entgegen, dass die Gesamtkosten des Vorhabens ggf. bereits vor der Veröffentlichung der Bekanntmachung auf einen höheren Betrag zu schätzen gewesen wären. Nachträglich erstellte oder angepasste Prognosen seien irrelevant. Andernfalls wären rechtssichere Ergebnisse kaum erzielbar.
Quelle | VK Berlin, Beschluss vom 25.3.2022, VK B 2-53/21, Abruf-Nr. 229085 unter www.iww.de
Honorarvertrag:
Bauhandwerkersicherung: Unternehmer muss nur schlüssig darlegen
| Bauunternehmer können von ihrem Auftraggeber Sicherheit für das gesamte noch nicht gezahlte Honorar verlangen. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650f BGB). Sie können kündigen, wenn der Bauherr die Sicherheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist stellt. Ihr Sicherungsverlangen ist berechtigt, wenn sie den Anspruch schlüssig darlegen. Ob die erforderlichen Annahmen dann auch tatsächlich zutreffen, ist jedoch nicht im Sicherungsverfahren zu klären. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle klargestellt. |
Das war geschehen
Ein Bauplaner war mit Architektenleistungen beauftragt worden. Dann zerstritten sich Auftragnehmer und Auftraggeber. Die Situation eskalierte. Der Auftraggeber kündigte den Planervertrag außerordentlich aus wichtigem Grund und verlangte zu viel gezahltes Honorar zurück. Der Planer erhobt Widerklage und forderte den Auftraggeber auf, ihm eine Sicherheit zu stellen. Darüber hinaus machte er geltend, dass ihm ein Honorar auf Grundlage der Mindestsätze gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oberhalb des vereinbarten Pauschalhonorars zustehe.
So entschied das Oberlandesgericht
Das OLG gab dem Planer Recht. Seine Darlegungen zur Höhe der Sicherheit (unter Berücksichtigung erhaltener Abschlagszahlungen) seien ausreichend gewesen. Im Sicherheitenprozess stehe im Vordergrund, dem Unternehmer zu einer schnellen Sicherheit zu verhelfen. Rechtlich anspruchsvolle Fragen seien dort dagegen nicht aufzuklären. Als solche gelten die Fragen, ob sich die Höhe der Vergütung nach dem Preisrecht der HOAI oder nach der Honorarvereinbarung richte, und ob die Angaben zur Honorarzone und zu den anrechenbaren Kosten zutreffen.
Quelle | OLG Celle, Urteil vom 27.4.2022, 14 U 96/19, Abruf-Nr. 229582 unter www.iww.de