Baurecht Info - 11.2022

1.11.2022
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Leistungskürzung:

So ist die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten zu prüfen

| Bei der Rechnungsprüfung von Stundenlohnarbeiten oder Zeithonoraren wird oft darüber gestritten, ob der abgerechnete Zeitaufwand tatsächlich erforderlich war. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat dazu nun wichtige Grundsätze aufgestellt. |

Im Fall des OLG ging es um die Abrechnung von Handschachtungen (z. B. „Zwischentransport der Handschachtung in Schubkarre und Aufladen auf Fahrzeug“). Der Auftraggeber kürzte die Zahl der abgerechneten Stunden, der Auftragnehmer klagte.

Das OLG hat sich zwar nur allgemein geäußert. Seine Ausführungen können aber im Rahmen der Bauüberwachung bei der Rechnungsprüfung nützlich sein:

  • Zum einen muss die Rechnungskürzung konkrete, einzelfallbezogene Angaben enthalten, aus denen die konkreten Kürzungsgründe hervorgehen.
  • Zum anderen muss der Auftraggeber Anhaltspunkte schildern, dass der abgerechnete Zeitaufwand keiner wirtschaftlichen Leistungsausführung entspricht.

Das OLG: An die fachlichen Anforderungen zur Begründung der Kürzung dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es genügen Kürzungsgründe, die der Rechnungssteller auf ihre Richtigkeit überprüfen und somit darauf eingehen kann.

Quelle | OLG Köln, Urteil vom 16.12.2021, 7 U 12/20, Abruf-Nr. 229779 unter www.iww.de


Unvollständige Grundlagenermittlung:

Architekt haftet nicht für entgangene Steuervergünstigungen

| Ein mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt muss seinen Auftraggeber über ein denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufklären. Zweck dieser Pflicht ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungschancen des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden Genehmigungserfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Berufung der Bauherren zurückgewiesen. |

Das war geschehen

Die Bauherren beabsichtigten, eine Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend zu sanieren und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht (LG) ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 7h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der falschen Aufklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden.

So sahen es die Gerichte

Das LG hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen abgewiesen. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, begründet das OLG seine Entscheidung. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liegt hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens. Sie solle den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. „Sie zielt jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen“, betont das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein „Reflex der Genehmigung“.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.4.2022, 29 U 185/20, PM 53/22, Abruf-Nr. 230294 unter www.iww.de


Honorarvereinbarungen:

Mindestsätze der HOAI 2013 bei Verträgen zwischen Privatpersonen weiter anwendbar

| Die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2013) können in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiter als verbindliches Preisrecht anzuwenden sein. Folge: Aufstockungsklagen können Erfolg haben. So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). |

Der BGH: Deutschland hat mit dem verbindlichen Preisrecht der HOAI 2013 zwar gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstoßen. Trotzdem kann sich ein Planer grundsätzlich auf eine bestehende nationale Rechtsvorschrift (hier: HOAI 2013) berufen, solange diese weiterhin im Land gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie muss zunächst in nationales Recht umgesetzt werden, um bei Verträgen zwischen Privatpersonen zu gelten. Das war aber erst mit der HOAI 2021 erfolgt. Nach den o. g. Maßgaben ist die HOAI 2013 folglich bei Verträgen zwischen Privaten weiterhin anwendbar (Vertragsabschluss bis 31.12.2020).

Im konkreten Fall hatte ein Planer im Jahr 2016 einen Vertrag abgeschlossen, der ein Pauschalhonorar enthielt. Zu diesem Zeitpunkt galt die HOAI 2013. Das vereinbarte Pauschalhonorar lag unter dem Mindestsatz. Der Planer klagte die Differenz zum Mindestsatz ein. Es ging immerhin um 102.934,59 Euro. Diese Aufstockungsklage hatte Erfolg.

Quelle | BGH, Urteil vom 2.6.2022, VII ZR 174/19, Abruf-Nr. 229499 unter www.iww.de

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