Steuerrecht Info - 08.2023

2.08.2023
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Werbungskosten:

Berufliche Veranlassung: Umzugskosten wegen Einrichtung eines Homeoffice

| Umzugskosten können beruflich veranlasst sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt. Eine solche Erleichterung hat das Finanzgericht (FG) Hamburg für das Streitjahr 2020 auch dann angenommen, wenn ein Umzug erfolgt, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit diese im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können. |

Umzugskosten müssen beruflich veranlasst sein

Umzugskosten sind nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Wohnungswechsel beruflich veranlasst ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist das beispielsweise der Fall, wenn

  • sich die Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte erheblich (d. h. täglich um mindestens eine Stunde) verkürzt,
  • der Umzug im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wird (z. B. beim Einzug in eine Dienstwohnung),
  • der Umzug wegen der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit, eines Arbeitsplatzwechsels oder einer Versetzung erfolgt.

Beachten Sie | Ist der Umzug privat veranlasst, ist ein Werbungskostenabzug nicht möglich. Hier kann für die Umzugsdienstleistungen aber eine Steuerermäßigung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 35a EStG) in Betracht kommen.

Das war geschehen

Vor der Coronapandemie übten die steuerpflichtigen Ehegatten ihre Tätigkeiten jeweils in den Räumlichkeiten ihrer Arbeitgeber aus. Seit Beginn der Coronapandemie verlagerten sie den Anweisungen bzw. Bitten ihrer Arbeitgeber folgend ihre Tätigkeit und übten diese zu Hause aus. Dies ging aber nur mit erheblichen Beeinträchtigungen durch ein Abwechseln der eigenen Tätigkeit und der Inkaufnahme von Störungen einher.

Das Ehepaar erkannte, dass die coronabedingten Einschränkungen nicht nur kurzfristig sein würden. Sie zogen daher in eine Wohnung mit zwei Arbeitszimmern (etwa 1,6 km von der bisherigen Wohnung entfernt). Die in der Steuererklärung für 2020 angesetzten Umzugskosten erkannte das Finanzamt nicht an jedoch zu Unrecht, wie das FG Hamburg entschied.

Zunächst stellte das FG heraus, dass keine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs eingetreten ist, denn das Homeoffice der Eheleute ist nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen. Das FG kam jedoch im Streitfall zu der Überzeugung, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Steuerpflichtigen geführt hatte. Denn erst der Umzug ermöglichte eine ungestörte Ausübung der nichtselbstständigen Tätigkeit beider Eheleute.

Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern war angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Eheleute erforderlich für die ungestörte Ausübung der jeweiligen Tätigkeit. Durch die räumlich getrennte Arbeitsmöglichkeit konnten beide weiterhin zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber ihrer Tätigkeit nachgehen und mussten sich nicht einem Risiko von schlechteren Arbeitsergebnissen mit möglichen negativen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis aussetzen.

Im Übrigen wich die neue Wohnung nach Meinung des FG Hamburg auch nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass hier Anlass zur Annahme bestand, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen.

Einrichtung der Arbeitszimmer waren der Grund des Umzugs

Aufgrund der Gesamtumstände ließ sich im Streitfall mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, dass die Einrichtung der Arbeitszimmer Anlass des Umzugs war.

Eine private Mitveranlassung dahingehend, dass die Einrichtung eines abgeschlossenen Arbeitszimmers in der neuen Wohnung zur ungestörten Nutzung des ansonsten mit der Arbeitsecke belasteten Wohnraums führt, steht dem nicht entgegen. Denn auch bei der Verkürzung der Wegstrecke um mehr als eine Stunde steht der private Hinzugewinn an Freizeit durch Einsparung der Fahrtstrecke der beruflichen Veranlassung nicht entgegen.

Beachten Sie | Da gegen die Entscheidung des FG Hamburg die Revision anhängig ist, können geeignete Fälle bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) offengehalten werden.

Quelle | FG Hamburg, Urteil vom 23.2.2023, 5 K 190/22, Rev. BFH, VI R 3/23, Abruf-Nr. 235554 unter www.iww.de


Ermäßigter Umsatzsteuersatz:

Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer

| Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, gilt nach dem Umsatzsteuergesetz (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 1 UStG) der ermäßigte Steuersatz von 7 %. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz auch auf die Vermietung von Wohncontainern an Saisonarbeiter (Erntehelfer) Anwendung findet. |

Ein Landwirt beschäftigte in den Besteuerungszeiträumen 2014 bis 2017 (Streitjahre) saisonal rund 100 Erntehelfer, an die er Räume in Wohncontainern vermietete. Die Dauer des jeweiligen Mietverhältnisses betrug längstens drei Monate.

Das Finanzamt wollte die Umsätze mit dem Regelsteuersatz (19 %) versteuern, weil die Unterkünfte keine dauerhaft feste Verbindung zum Grundstück besaßen. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg und der BFH sahen das allerdings anders.

Nach der aktuellen Entscheidung des BFH begünstigt das UStG nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden. Vielmehr umfasst die Steuerermäßigung allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von nicht ortsfesten Wohncontainern an Erntehelfer.

Quelle | BFH, Urteil vom 29.11.2022, XI R 13/20, Abruf-Nr. 234117 unter www.iww.de


Kleine Photovoltaikanlagen:

Erwerbstätigkeit muss nicht mehr angezeigt werden

| Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) müssen dem Finanzamt ihre Erwerbstätigkeit nach der Abgabenordnung (§ 138 Abs. 1 und 1b AO) nicht mehr anzeigen. Diese Nichtbeanstandungsregelung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) getroffen. |

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurden eine ertragsteuerliche Steuerbefreiung für kleine PV-Anlagen gemäß Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 72 EStG) und ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gemäß Umsatzsteuergesetz (§ 12 Abs. 3 UStG) für die Lieferung und Installation bestimmter PV-Anlagen eingeführt. Dennoch sind Betreiber von PV-Anlagen nach § 138 Abs. 1 und 1b AO grundsätzlich zur Anzeige der Eröffnung eines gewerblichen Betriebs oder einer Betriebsstätte und zur Übermittlung eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung verpflichtet.

Das BMF hat nun verfügt: Es ist nicht zu beanstanden, wenn Betreiber von PV-Anlagen, die Gewerbetreibende (§ 15 EStG) sind, bei Eröffnung eines Betriebs, der sich auf das Betreiben von (nach § 3 Nr. 72 EStG) begünstigten PV-Anlagen beschränkt, und in umsatzsteuerlicher Hinsicht Unternehmer sind, deren Unternehmen sich ausschließlich auf den Betrieb einer PV-Anlage (i. S. des § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 UstG) sowie ggf. eine steuerfreie Vermietung und Verpachtung (nach § 4 Nr. 12 UstG) beschränkt und die die Kleinunternehmerregelung (nach § 19 UstG) anwenden, ihre Erwerbstätigkeit (nach § 138 Abs. 1 und 1b AO) nicht anzeigen. Dies gilt mit sofortiger Wirkung in allen Fällen, in denen die Erwerbstätigkeit ab dem 1.1.2023 aufgenommen wurde.

Quelle | BMF, Schreiben vom 12.6.2023, IV A 3 – S 0301/19/10007 :012, Abruf-Nr. 235756 unter www.iww.de


Arbeitsplatzverlust:

Ermäßigte Besteuerung von Abfindungen nur bei Zusammenballung der Einkünfte

| Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Abfindung für den Arbeitsplatzverlust nur dann ermäßigt besteuert werden, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einkünften führt. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hält diese Sichtweise bzw. Handhabung nicht für verfassungswidrig. |

Scheidet ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers vorzeitig aus dem Dienstverhältnis aus und erhält er eine Abfindung, kann es sich hierbei um

  • „normal“ zu besteuernden Arbeitslohn i. S. des Einkommensteuergesetzes (§ 19 EStG) oder
  • um steuerbegünstigte Entschädigungen (nach § 24 Nr. 1 EStG) handeln.

Letztere können als außerordentliche Einkünfte (§ 34 EStG) einem ermäßigten Steuersatz (Fünftelregelung) unterliegen.

Eine Entschädigung ist aber nur dann tarifbegünstigt, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums führt. Diese Voraussetzung ist dann nicht erfüllt, wenn die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums (Jahresende) entgehenden Einnahmen nicht übersteigt und der Steuerpflichtige keine weiteren Einnahmen bezieht, die er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bezogen hätte.

Beachten Sie | Maßgeblich ist, ob der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 17.3.2023, 15 K 19/21, Abruf-Nr. 235758 unter www.iww.de

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