Betriebshaftpflichtversicherung:
Versicherungsbeiträge für insolventes Schwesterunternehmen?
Wird ein Schwesterunternehmen gegründet und dabei nicht eindeutig geklärt, dass sich der bestehende Versicherungsschutz aus der Betriebshaftpflichtversicherung nicht auf das Schwesterunternehmen erstecken soll, sondern dass deren Risiken unabhängig versichert werden sollen, so haften beide Unternehmen als Gesamtschuldner. Fällt wie im Urteilsfall das Schwesterunternehmen in Konkurs, muss das ursprüngliche Unternehmen die Versicherungsbeiträge tragen.
Auf dieses Haftungsrisiko insbesondere für expandierende Unternehmen macht ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm aufmerksam. Dort hatte der Versicherungsvertrag eines Autohauses zunächst nur den Kfz-Handel und den Handwerksbetrieb des Autohauses selbst umfasst. Später wurde der Versicherungsschutz auf ein Schwesterunternehmen, ebenfalls ein Autohaus, erweitert. Gegen dieses wurde schon kurze Zeit später ein Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin forderte der VR das Autohaus auf, die ausstehenden Versicherungsprämien auch für das Schwesterunternehmen zu leisten. Dieser Forderung kam das Autohaus nicht nach. Das OLG Hamm verurteilte es jedoch dazu: Die bei den Vertragsverhandlungen abgegebenen Erklärungen und der vorgelegte Schriftverkehr sprächen nicht dafür, dass das Schwesterunternehmen eigenständige VN werden sollte. Dieser Punkt muss also zum einen bei der Gründung eines weiteren Unternehmens berücksichtigt werden. Zum anderen sollten entsprechende Vereinbarungen für bestehende Unternehmen getroffen werden (OLG Hamm, 20 U 40/12).
Firmenfortführung:
Haftungsausschluss nur bei rechtzeitiger Eintragung
Ein Haftungsausschluss bei Firmenfortführung kann nur dann Außenwirkung haben, wenn die Bekanntmachung unverzüglich nach dem Wechsel des Unternehmensträgers vorgenommen wird. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Zum Hintergrund: Nach einer Regelung im Handelsgesetzbuch (§ 25 HGB) haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wenn das Geschäft unter der bisherigen Firma im Kernbereich fortgeführt wird. Im Gegensatz zur Haftung nach der Abgabenordnung (§ 75 AO) kann diese Haftung durch Eintragung im Handelsregister oder durch Mitteilung an die Gläubiger ausgeschlossen werden.
Die Handelsregistereintragung und die Bekanntmachung müssen nach dem Wechsel alsbald bewirkt werden. Das Oberlandesgericht Hamm weist darauf hin, dass das Risiko einer verzögerten Eintragung und Bekanntmachung den neuen Unternehmensträger trifft. Es kommt dabei weder auf dessen Verschulden noch auf ein solches des Registergerichts an.
Hinweis: In der älteren Rechtsprechung sind die Wirkungen eines Haftungsausschlusses verneint worden, wenn zwischen dem Wechsel des Unternehmensträgers und der Eintragung sechs oder zehn Wochen verstrichen sind. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist eine Eintragung neun Monate nach der Geschäftsübernahme keinesfalls ausreichend (OLG Hamm, 27 W 9/14; BGH, II ZR 114/83).
Wichtige umsatzsteuerliche Änderungen durch das „Kroatiengesetz“
Das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (sogenanntes „Kroatiengesetz“) wurde am 30.7.2014 im Bundesgesetzblatt verkündet. Hervorzuheben sind insbesondere die umsatzsteuerlichen Änderungen. Wichtige Aspekte werden nachfolgend vorgestellt.
1. Änderung des Leistungsortes und „Mini-One-Stop-Shop“
Der deutsche Gesetzgeber hat nunmehr die EU-Vorgaben umgesetzt, wonach sich der Leistungsort bei Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bei auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer vom Unternehmenssitz des leistenden Unternehmers verlagert – und zwar an den Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Hinweis: Kam der Kunde aus dem Drittland, galt diese Regelung auch bisher. Änderungen ergeben sich somit „nur“ bei Privatkunden aus der EU.
Diese Rechtsänderung, die am 1.1.2015 in Kraft tritt, ist von erheblicher Bedeutung, da insbesondere die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen ein breites Leistungsspektrum umfassen. Dies sind u.a.:
- Bereitstellung von Bildern, wie z.B. das Herunterladen von Desktop-Gestaltungen oder von Fotos, Bildern und Bildschirmschonern.
- Bereitstellung von Datenbanken, wie beispielsweise die Benutzung von Suchmaschinen und Internetverzeichnissen.
Beachten Sie: Nicht unter die Neuregelung fällt die Lieferung von Gegenständen, die im Internet bestellt werden (klassische Online-Shops).
Durch die Neuregelung müsste sich der Unternehmer im Extremfall in allen Mitgliedstaaten umsatzsteuerlich registrieren lassen und dort seine jeweiligen Umsätze erklären. Um dies zu vermeiden, kann er an einem neuen Besteuerungsverfahren teilnehmen: dem „Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS).
In Deutschland ansässige Unternehmer, welche am MOSS teilnehmen wollen, müssen dies gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern anzeigen. Die Anzeige muss vor Beginn des Besteuerungszeitraums erfolgen, für den der Unternehmer erstmalig teilnehmen will.
Hinweis: Das MOSS-Modell ist erstmals für das erste Quartal 2015 anwendbar.
2. Nur noch 7 % auf Hörbücher
Mit der Änderung der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände wird der Umsatzsteuersatz für Hörbücher auf 7 % gesenkt. Der ermäßigte Steuersatz setzt die Lieferung eines körperlichen Gegenstands in Gestalt eines Speichermediums voraus. Voraussetzung ist, dass auf dem Medium ausschließlich die Tonaufzeichnung der Lesung eines Buchs enthalten ist.
Nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt die Lieferung von Hörspielen, die über die Wiedergabe einer bloßen Buchlesung hinausgehen.
Hinweis: Die Umsatzsteuerermäßigung für Hörbücher tritt am 1.1.2015 in Kraft.
3. Bauleistungen
Um die Neuregelung zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen nachvollziehen zu können, ist ein kurzer Rückblick unerlässlich.
Bisher wurde durch die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass der Leistungsempfänger bei Bauleistungen die Umsatzsteuer schuldet, wenn er ein Unternehmer ist, der selbst derartige Bauleistungen erbringt. Dies sollte für Unternehmer gelten, die nachhaltig Bauleistungen erbringen, d.h., der Unternehmer musste im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 10 % seines Weltumsatzes durch Bauleistungen erbracht haben.
Neue Rechtsprechung
Im letzten Jahr hatte der Bundesfinanzhof allerdings entschieden, dass der Wechsel der Steuerschuldnerschaft nur in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung selbst für eine – steuerpflichtige – Bauleistung verwendet (bauwerksbezogene Betrachtung). Die Höhe der vom Leistungsempfänger ausgeführten Bauleistungen ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht relevant.
Hinweis: Dies hatte für Bauträger zur Konsequenz, dass sie grundsätzlich nicht als Steuerschuldner in Betracht kommen, weil sie keine Bauleistung im Sinne der Vorschrift erbringen, sondern bebaute Grundstücke liefern.
Das Bundesfinanzministerium hatte die Finanzämter mit Schreiben vom 5.2.2014 und vom 8.5.2014 angewiesen, die Grundsätze des Urteils für nach dem 14.2.2014 ausgeführte Umsätze anzuwenden. Viele Unternehmer haben daraufhin ihre Prozesse an die neue Rechtsprechung und die Auslegung der Finanzverwaltung angepasst. Der Gesetzgeber vollzieht aber nun eine „Rolle rückwärts“.
Reaktion des Gesetzgebers
Um der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegenzutreten, ist nunmehr gesetzlich fixiert, dass der Leistungsempfänger auch dann Steuerschuldner ist, wenn er die an ihn im Einzelfall erbrachte Dienstleistung nicht zur Ausführung einer Bauleistung verwendet. Damit wird die bauwerksbezogene Betrachtung wieder verworfen. Darüber hinaus ist gesetzlich geregelt, dass der Wechsel der Steuerschuldnerschaft dann Anwendung findet, wenn der Leistungsempfänger selbst nachhaltig Bauleistungen ausführt.
Die erforderliche Rechtssicherheit für die Beteiligten soll durch ein Bescheinigungsverfahren erreicht werden. Die neue Regelung sieht vor, dass die zuständige Finanzbehörde dem Leistungsempfänger eine Bescheinigung ausstellt, aus der sich die nachhaltige Tätigkeit ergibt.
Beachten Sie: Bei dieser Bescheinigung des Finanzamtes handelt es sich nicht um die Freistellungsbescheinigung für die Bauabzugssteuer.
Laut Gesetzesbegründung soll durch Verwaltungsanweisung zudem geregelt werden, dass diese Bescheinigung dann durch die Finanzämter auszustellen ist, wenn der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr zu mindestens 10 % (Verhältnis zum Weltumsatz) Bauleistungen erbracht hat. Der Leistungsempfänger soll auch dann Steuerschuldner werden, wenn er die ihm erteilte Bescheinigung im konkreten Fall nicht verwendet.
Hinweis: Die neue Regelung tritt mit Wirkung vom 1.10.2014 in Kraft.
Verfahren für Altfälle (Umsätze, die vor dem 15.2.2014 ausgeführt wurden)
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs waren Bauträger – wie oben dargestellt – als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, weshalb diese grundsätzlich die bisherigen Steuerfestsetzungen korrigieren konnten. Durch einen neuen Passus ist jedoch nun (rückwirkend) geregelt, dass in den Fällen, in denen die Leistungsempfänger nachträglich einen Korrekturantrag stellen, die Steuer bei den leistenden Unternehmern nachzufordern ist. Ein Vertrauensschutz soll dem nicht entgegenstehen.
Zur Vereinfachung des Verfahrens wurde gesetzlich geregelt, dass der leistende Unternehmer in diesen Fällen seinen zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger an das Finanzamt abtreten kann. Dieses wird im Anschluss mit der Forderung des Leistungsempfängers aufrechnen, sodass eine Erstattung der Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger (Bauträger) nicht erfolgen wird.
Zur Anwendung der gesetzlichen Neuregelung für Altfälle hat das Bundesfinanzministerium bereits Stellung genommen. Daraus ergibt sich u.a., dass es gegenüber den leistenden Bauunternehmen grundsätzlich nicht zur Festsetzung von Nachzahlungszinsen kommen wird.
Hinweis: Es ist zu erwarten, dass die betroffenen Unternehmer hierzu eine andere Ansicht vertreten werden. Somit wird die Regelung für Altfälle vermutlich in einem finanzgerichtlichen Verfahren auf den Prüfstand gestellt werden.
4. Gebäudereinigungsleistungen
Analog zur Neuregelung für Bauleistungen ist künftig gesetzlich geregelt, dass der Wechsel der Steuerschuldnerschaft für Gebäudereinigungsleistungen dann greift, wenn der Leistungsempfänger selbst nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen erbringt. Zur Erleichterung des Nachweises ist wie bisher vorgesehen, dass die zuständige Finanzbehörde dem Leistungsempfänger eine Bescheinigung hierüber ausstellt.
Darüber hinaus wurde gesetzlich klargestellt, dass der Leistungsempfänger auch dann Steuerschuldner ist, wenn er die an ihn im Einzelfall erbrachte Dienstleistung nicht zur Ausführung einer Gebäudereinigungsleistung verwendet.
Hinweis: Diese Änderung tritt bereits zum 1.10.2014 in Kraft (Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften).
Abgeltungsteuer:
Erleichterungen beim Kirchensteuerabzugsverfahren
Der Deutsche Steuerberaterverband hat darauf hingewiesen, dass das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) seine Fragen-Antworten-Kataloge zur Neuregelung des Kirchensteuerabzugsverfahrens ergänzt und damit weitere Ausnahmen für Kapitalgesellschaften geschaffen hat.
Grundsatz
Wegen einer gesetzlichen Änderung müssen ab dem 1.1.2015 neben Banken u.a. auch Kapitalgesellschaften im Zuge einer Ausschüttung die Kirchensteuerpflicht der Empfänger der Kapitalerträge ermitteln und die Kirchensteuer auf die Abgeltungsteuer automatisch einbehalten. Um zu ermitteln, ob eine Kirchensteuerpflicht besteht, hat der Abzugsverpflichtete beim BZSt das Kirchensteuerabzugsmerkmal abzufragen.
Ausnahmen für Kapitalgesellschaften
Die geforderte Registrierung und Abfrage beim BZSt kann bei Kapitalgesellschaften in folgenden Ausnahmefällen vorerst unterbleiben:
1. Ausnahme: Ein-Mann-Gesellschaften, wenn der Alleingesellschafter-Geschäftsführer konfessionslos ist bzw. keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört.
Beachten Sie: Sobald dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten eine zweite natürliche Person angehört, gilt diese Erleichterung nicht.
2. Ausnahme: Kapitalgesellschaften, die eine Ausschüttung im Folgejahr mit Sicherheit ausschließen können.
Steht zum Zeitpunkt der Regelabfrage (jeweils vom 1.9. bis 31.10.) mit Sicherheit fest, dass im Folgejahr keine Ausschüttung erfolgt, weil diese z.B. vertraglich oder durch einen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen wurde, muss keine Registrierung und keine Abfrage erfolgen.
3. Ausnahme: Kapitalgesellschaften, die nicht beabsichtigen, im Folgejahr eine kapitalertragsteuerpflichtige Ausschüttung vorzunehmen.
In Einzelfällen kann eine Ausschüttung beispielsweise infolge der aktuellen Ertragslage oder wegen Verlustvorträgen sehr unwahrscheinlich sein. In diesem Fall können Registrierung und Abfrage ebenfalls zunächst unterbleiben.
Beachten Sie: Jeder Kirchensteuerabzugsverpflichtete muss dennoch in der Lage sein, auch im Fall einer ungeplanten steuerpflichtigen Ausschüttung die Abfrage unterjährig nachzuholen (Anlassabfrage). Um etwaige Haftungsrisiken zu vermeiden, wird von allen Gesellschaftern vorab das Einverständnis zur Anlassabfrage beim BZSt benötigt.
Hinweis: Die Fragen-Antworten-Kataloge des BZSt sind unter www.iww.de/sl472 abrufbar (DStV: „Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer: Erweiterung der Erleichterungen“ (Stand: 17.7.2014)).