Rückzahlungsanspruch:
Darlehen der Schwiegereltern ist keine Schenkung
| Ein Schwiegersohn ist zur Rückzahlung eines sechsstelligen Darlehens an seine Schwiegereltern verpflichtet. So entschied es das Landgericht (LG) Frankfurt am Main. Es hat dabei klargestellt, dass ein im familiären Umfeld überlassener größerer Geldbetrag im konkreten Fall keine reine Gefälligkeit darstellt und ein Rechtsanspruch auf Rückzahlung besteht. |
Schwiegersohn benötigte Geld und bekam es von den Schwiegereltern
Der später beklagte Schwiegersohn benötigte Geld, um ein geerbtes Wohnhaus erhalten zu können. Seine Bank hatte ihm bereits einen Kredit gekündigt. Um ihn zu unterstützen, nahmen seine Schwiegereltern ihrerseits ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro auf und lösten damit die Restschuld des Schwiegersohns aus dessen Kredit ab. Man war sich darüber einig, dass der Schwiegersohn Zinsen und Tilgung tragen sollte. So geschah es auch über mehrere Jahre hinweg.
Ehe wurde geschieden
Zwischenzeitlich wurde die Ehe des Schwiegersohns mit der Tochter der Schwiegereltern jedoch geschieden. Der Schwiegersohn stellte einige Zeit später seine Zahlungen mit der Begründung ein, er könne die finanzielle Belastung wegen der Unterhaltszahlungen an seine Exfrau nicht mehr tragen. Die ehemaligen Schwiegereltern verlangten von ihm jedoch die Zahlung des noch offenen Darlehensbetrags von rund 190.000 Euro.
Landgericht: kein freiwilliges Vermögensopfer der Schwiegereltern
Das LG gab der Klage der Schwiegermutter statt. Es folgte nicht der Argumentation des Schwiegersohns, die finanzielle Unterstützung durch seine ehemaligen Schwiegereltern sei ein freiwilliges Vermögensopfer, denn sie sei im familiären Raum wegen der schwierigen Lage der jungen Eheleute erfolgt.
Das LG stellte in seinem Urteil vielmehr fest, dass die Schwiegereltern und der Schwiegersohn ihrerseits mündlich einen Darlehensvertrag geschlossen hatten. Das Gericht führte aus: „Ob ein Vertrag geschlossen wurde, hängt maßgeblich vom Rechtsbindungswillen der Parteien ab. Bei einem sog. reinen Gefälligkeitsverhältnis fehlt der Rechtsbindungswille.“ Und weiter: „Die Parteien handeln bei einem Gefälligkeitsverhältnis (…) ausschließlich aus gesellschaftlicher Gefälligkeit, also aus Freundschaft, Kollegialität, Nachbarschaft oder sonstigem Altruismus.“
Zwar seien die Abreden hier im engen Familienkreis erfolgt, was für eine reine Gefälligkeit sprechen könne. Allerdings handelte es sich nach Ansicht des LG bei der Gewährung eines derart hohen Betrags keinesfalls um eine Gefälligkeit des täglichen Lebens. Auch die Interessenlage spreche für einen Rechtsbindungswillen. Denn das Risiko der Klägerin und ihres Ehemanns sei ganz erheblich gewesen.
Für den Schwiegersohn habe zudem die Gefahr bestanden, ohne die Gewährung des Geldbetrags sein Haus und damit sein Heim zu verlieren. Hinzu komme, dass der Beklagte selbst eingeräumt habe, dass die Parteien eine Schenkung des Geldes nicht gewollt hätten. Nachdem die Schwiegereltern den mündlich mit ihrem ehemaligen Schwiegersohn geschlossenen rechtsverbindlichen Darlehensvertrag gekündigt hatten, stünde ihnen ein Rückzahlungsanspruch zu.
Quelle | LG Frankfurt, Urteil vom 28.11.2024, 2-23 O 701/23, PM vom 19.12.2024
Eheähnliche Gemeinschaft:
Offene Ganztagsschule: Partner ohne Elternstatus müssen keine Beiträge zahlen
| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW erklärte eine Regelung einer Elternbeitragssatzung einer Gemeinde für unwirksam. Diese verpflichtete Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft ohne Eltern- oder Erziehungsstatus, Elternbeiträge für die Offene Ganztagsschule (OGS) zu zahlen. |
Das verlangte die Gemeinde
Eine Gemeinde hatte von der Klägerin und ihrem Lebensgefährten gemeinsam OGS-Beiträge für den Sohn der Klägerin auf Basis ihres kombinierten Einkommens erhoben. Das Verwaltungsgericht (VG) hob den Beitragsbescheid teilweise auf, da die Regelung gegen das Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verstoße. Das OVG bestätigte dies, sah den Verstoß jedoch primär im Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz).
Das sagt das Kinderbildungsgesetz
Nach dem KiBiz dürfen nur Eltern oder gleichgestellte Personen zu Beiträgen herangezogen werden. Eine Gleichstellung von Partnern in eheähnlichen Gemeinschaften ohne Elternstatus sei unzulässig. Diese überschreite die gesetzlich vorgesehenen Befugnisse der Kommunen und verletze höherrangiges Landesrecht.
Das Urteil unterstreicht, dass Kommunen keine Beitragspflichten für Personen begründen dürfen, die weder Eltern noch erziehungsberechtigt sind.
Quelle | OVG NRW, Beschluss vom 27.11.2024, 12 A 566/22, Abruf-Nr. 245209 unter www.iww.de
Embryonenschutzgesetz:
Witwe kann Herausgabe von Sperma ihres verstorbenen Mannes für künstliche Befruchtung verlangen
| In einem Eilverfahren vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat die antragstellende Ehefrau verlangt, dass eine Klinik ihr das kryokonservierte Keimmaterial ihres bereits verstorbenen Ehemanns zur Verfügung stellt. Sie möchte damit eine In-Vitro-Fertilisation in Spanien durchführen lassen. Das LG hat ihrem Eilantrag stattgegeben. |
Das war geschehen
Das Krankenhaus hatte die Herausgabe verweigert, weil der mit dem Ehemann zu dessen Lebzeiten geschlossene Vertrag vorsah, dass das Sperma nach seinem Tod zu vernichten sei. Das Embryonenschutzgesetz untersage es, eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines verstorbenen Mannes durchzuführen. Nach Ansicht der Klinik drohe ihren Mitarbeitern im Fall einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas außerdem strafrechtliche Verfolgung.
So argumentierte das Landgericht
Das LG hat festgestellt, dass der seinerzeit mit dem Ehemann geschlossene Vertrag die Klinik nicht verpflichte, das kryokonservierte Keimmaterial zu vernichten. Diese „Vernichtungsklausel“ fuße nach dem Wortlaut des Vertrags allein auf § 4 Embryonenschutzgesetz. Darin werde zwar strafrechtlich verboten, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tod zu befruchten. Der Schutzzweck der Vorschrift sei im vorliegenden Fall jedoch nicht berührt. Insbesondere das Grundrecht des verstorbenen Ehemanns auf reproduktive Autonomie werde nicht beeinträchtigt, denn er habe vor seinem Tod in die postmortale Verwendung seines Spermas eingewilligt. Dies habe seine Ehefrau hinreichend dargelegt.
Entgegen der Befürchtung der Klinik bestünden vorliegend bei einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas keine Strafbarkeitsrisiken für die Mitarbeiter. Da der Schutzzweck des § 4 Embryonenschutzgesetz im konkreten Fall schon nicht verletzt sei, fehle es bei einer künstlichen Befruchtung mit dem Sperma des verstorbenen Ehemanns an einer rechtswidrigen Haupttat. Eine Beihilfehandlung dazu scheide aus.
Das LG betonte, dass es verfassungsrechtlich zwingend geboten erscheine, dass zur Ausübung einer Handlung, die Ausdruck einer nach dem Grundgesetz verfassungsrechtlich besonders geschützten Selbstbestimmung ist, derjenige auch Hilfe in Anspruch nehmen kann, der diese Handlung realisieren will. Die künstliche Befruchtung in einer spanischen Klinik sei vorliegend unabhängig von konkreten medizinischen Erfolgsaussichten und ethischen oder moralischen Bewertungen nach spanischem Recht möglich. Eine In-Vitro-Fertilisation sei dort im konkreten Fall nicht mit Strafe bedroht.
Quelle | LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 4.2.2025, 2-04 O 29/25, PM vom 14.2.2025
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