BGH-Entscheidung:
Scheidung: Auskunftspflicht der Ehegatten
| Ist ein Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig, müssen die Ehegatten auf Verlangen des Gerichts Auskunft über ihre Versorgungsanrechte erteilen, auch wenn sie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Scheidung bestreiten. Das Gericht darf zur Durchsetzung der Auskunftspflicht Zwangsmittel auch schon festsetzen, bevor geklärt ist, ob der Scheidungsantrag überhaupt begründet ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |
Zwischen den Eheleuten war ein Scheidungsverbundverfahren rechtshängig. Beide haben Scheidungsanträge gestellt, die Frau bestritt jedoch den Vortrag des Mannes, dass die Eheleute seit mehr als einem Jahr in der Ehewohnung getrennt leben würden.
Das Amtsgericht (AG) hatte noch keinen Verhandlungstermin bestimmt. Es hatte die Ehegatten dennoch aufgefordert, den ausgefüllten Fragebogen über ihre in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte vorzulegen. Nachdem die Frau dieser Aufforderung trotz Androhung von Zwangsmaßnahmen nicht nachgekommen war, hat es gegen sie ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro, ersatzweise Zwangshaft, festgesetzt.
Die Rechtsmittel der Frau blieben erfolglos. Das liegt auch im Interesse des Scheidungswilligen. Denn so wird verhindert, dass der andere Ehegatte durch das Bestreiten materiell-rechtlicher Scheidungsvoraussetzungen (Ablauf des Trennungsjahrs, Scheitern der Ehe) seine Auskunft über Versorgungsanrechte und damit das Scheidungsverfahren verzögern kann.
Quelle | BGH, Beschluss vom 30.9.2020, XII ZB 438/18, Abruf-Nr. 219087 unter www.iww.de
Gleichberechtigung:
Ehevertrag nach Heirat kann sittenwidrig sein
| Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat jetzt entschieden: Ein Ehevertrag kann sittenwidrig sein, wenn er mehrere Monate nach der Eheschließung geschlossen wurde. Es kommt auf die Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände an. |
Das war geschehen
Ein Ehepaar heiratete im Jahr 2003 und schloss drei Monate nach Eheschließung einen Ehevertrag ab. Darin vereinbarte es Gütertrennung und schloss so den Zugewinnausgleich aus. Bei dem eigentlich gesetzlich vorgesehenen Zugewinnausgleich wird der Vermögenszuwachs hälftig geteilt, den die Eheleute während der Ehe erzielen. Sie schlossen außerdem den Versorgungsausgleich aus, also eine Teilung der während der Ehe entstandenen Anrechte auf Renten und andere Altersversorgungen. Das Ehepaar ließ sich 2019 scheiden. Das Amtsgericht (AG) hatte den Ehevertrag als wirksam angesehen und lehnte Zugewinn- und Versorgungsausgleich ab.
So sah es das OLG
Das OLG sah demgegenüber Folgendes: Die Frau hatte sich zum Wohle der Ehe in ein fremdes Land begeben und dafür eine auskömmliche Berufstätigkeit sowie eine versprochene Rente aufgegeben. In Deutschland wurde ihre Ausbildung zunächst nicht anerkannt. Folge: Der Ausschluss von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich kam einseitig ausschließlich dem Ehemann zugute.
Gleichberechtigung von Mann und Frau
Das OLG betonte den Grundsatz: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau darf durch einen Ehevertrag nicht ausgehebelt werden. Hier sei er in einer Situation vereinbart worden, in der Frau und Kind völlig abhängig vom Ehemann waren. Dieser habe sich „der prekären Situation seiner Ehefrau vollkommen verschlossen und einseitig und nicht schutzwürdig alleine seine vermögensrechtlichen Interessen für den Fall der Scheidung zu wahren gesucht“. Folge: Der Ehevertrag war sittenwidrig und unwirksam. Nun soll das AG den bisher unterlassenen Zugewinn- und Versorgungsausgleich nachholen.
Quelle | OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.4.2021, 5 UF 125/20