Familienrecht Info - 07.2023

2.07.2023
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Pfändungsfreibetrag:

BGH ändert Rechtsprechung zu Unterhaltszahlungen

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Kehrtwende bezüglich der Frage gemacht, ob Unterhaltszahlungen bei der Bestimmung des pfandfreien Betrags nur in Höhe der tatsächlichen Unterhaltszahlungen oder in Höhe des gesetzlichen Anspruchs zu berücksichtigen sind. |

Vater wollte von Teil der Pfändung verschont bleiben

Der Gläubiger vollstreckt gegen den Schuldner, seinen Vater, wegen Unterhalt. Der Vater zahlt einem weiteren Kind Unterhalt. Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) hat das AG festgesetzt, dass dem Vater für seinen eigenen notwendigen Unterhalt ein Betrag pfandfrei zu belassen ist. Im Hinblick auf den Unterhalt für das weitere Kind hat es festgesetzt, dass ihm darüber hinaus bis zu einem bestimmten Betrag weitere 50 Prozent zu belassen sind.

Das Amtsgericht (AG) hat die Vollstreckungserinnerung des Vaters zurückgewiesen. Auf dessen sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht den pfandfreien Betrag heraufgesetzt, damit der Vater seine Unterhaltspflicht gegenüber dem weiteren Kind erfüllen kann. Es hat die weitere Unterhaltspflicht des Vaters nicht in der sich aus dem Gesetz ergebenden Höhe, sondern nur in Höhe des tatsächlich geleisteten geringeren Unterhalts für das weitere Kind anerkannt. Im Übrigen blieb die sofortige Beschwerde erfolglos. Der Vater begehrte dann, allerdings erfolglos, mit der Rechtsbeschwerde zum BGH, den pfandfreien Betrag auf die Höhe der gesetzlichen Unterhaltspflicht heraufzusetzen.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH: Vollstreckt ein Gläubiger wegen Unterhalt, ist dem Schuldner so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf und um seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden oder gleichstehenden Berechtigten zu erfüllen. Das bedeutet: Beim pfandfreien Betrag sind diese Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden oder gleichstehenden Berechtigten nur in dem Umfang zu beachten, in dem der Schuldner diese Pflichten den weiteren Berechtigten gegenüber erfüllt oder diese gegen ihn vollstrecken.

Der Wortlaut der einschlägigen Vorschrift der Zivilen Prozessordnung (hier: § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO) ist insoweit nicht eindeutig. Er kann zwar dahin verstanden werden, dass auf den Betrag abzustellen ist, der potenziell erforderlich wäre, um die laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen. Es kommt jedoch auch ein Verständnis in Betracht, wonach insoweit ein Bedarf des Schuldners nur in dem Umfang anzunehmen ist, in dem er tatsächlich leistet.

Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist aber die letztgenannte Auslegung zutreffend, so der BGH. Er betont: Solange der Schuldner seinen laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den weiteren Unterhaltsberechtigten nur teilweise nachkommt, werden diese durch die Zwangsvollstreckung des Unterhaltsgläubigers nicht benachteiligt. Sie können auch den pfandfreien Betrag dadurch erhöhen lassen, dass sie ihrerseits wegen ihres (teilweise) nicht erfüllten Unterhaltsanspruchs eine Änderung des PfÜB erwirken. Das schließt nicht aus, dass der Schuldner künftig freiwillig Unterhalt leisten wird. Er kann ebenfalls den PfÜB ändern lassen. Dem Problem, dass ihm vor einer Erhöhung des pfandfreien Betrags noch keine Mittel zur Verfügung stehen, um seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht in größerem Umfang nachzukommen, kann ggf. durch eine befristete Erhöhung Rechnung getragen werden.

Unterhaltsgläubiger sollen nicht benachteiligt sein

Würde man dem Schuldner stets den pfandfreien Betrag in Höhe der gesetzlichen Unterhaltspflichten belassen, wäre nicht sichergestellt, dass dieser Betrag den weiteren Unterhaltsberechtigten zufließt. Hat der Schuldner seine Unterhaltspflichten nicht oder nicht vollumfänglich erfüllt, liegt nahe, dass der pfandfreie Betrag ganz oder teilweise bei ihm verbleibt. In diesem Fall würde der vollstreckende Unterhaltsgläubiger zum Vorteil des Schuldners benachteiligt, ohne dass den weiteren Unterhaltsberechtigten hiermit gedient wäre. Das würde dem im Zwangsvollstreckungsrecht bezweckten Schutz der Unterhaltsgläubiger zuwiderlaufen und wäre mit deren Privilegierung nicht zu vereinbaren.

Quelle | BGH, Urteil vom 18.1.2023, VII ZB 35/20, Abruf-Nr. 234009 unter www.iww.de


Namensrecht:

Klage auf Änderung des russisch klingenden Nachnamens erfolglos

| Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat die Klage eines Ehepaares abgewiesen, das seinen russisch klingenden Nachnamen ändern wollte. |

Die Kläger beantragten bei der beklagten Verbandsgemeinde eine Namensänderung, weil sie und ihre Tochter seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine aufgrund ihres russisch klingenden Nachnamens Benachteiligungen im Alltag erlebten. Die Verbandsgemeinde lehnte die Namensänderung ab. Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein und erhoben, nachdem dieser nicht innerhalb von drei Monaten seit Eingang beschieden worden war, Untätigkeitsklage beim VG.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Eine Änderung des Familiennamens, so das VG, sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nur gerechtfertigt, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliege. Das sei hier nicht der Fall.

Die Tatsache allein, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs sei oder nicht Deutsch klinge, sei im Allgemeinen kein wichtiger Grund für eine Namensänderung. Für die in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Kläger sei die begehrte Namensänderung auch nicht im Interesse der weiteren Eingliederung geboten.

Soweit die Kläger darüber hinaus geltend machten, seit Beginn des Krieges in der Ukraine aufgrund ihres russisch klingenden Nachnamens Benachteiligungen im Alltag ausgesetzt zu sein, komme den geschilderten Vorkommnissen kein die Namensänderung rechtfertigendes Gewicht zu. Die Kläger hätten nicht dargelegt, dass der von ihnen getragene Nachname eine seelische Belastung für sie und ihre Tochter darstelle. Ein bloß vernünftiger Grund oder mit der Namensführung verbundene einfache Unzuträglichkeiten seien insoweit nicht ausreichend.

Wirtschaftliche Gründe berechtigten vorliegend ebenfalls nicht zur Namensänderung. Sie beträfen nur die Nebentätigkeit des Klägers. Unabhängig davon handele es sich um einen vereinzelt gebliebenen Vorfall, sodass sich schon mit Blick auf die hauptberufliche Stellung des Klägers keine Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Familie ergäben.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 5.4.2023, 3 K 983/22.KO, PM 8/23

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