Familienrecht Info - 07.2025

5.07.2025
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Kindeswohl:

Sorgerechtsrückübertragung trotz Schütteltrauma-Verdacht

| Der Verfahrensbeistand eines Kindes hatte sich dagegen gewandt, dass den Eltern das Sorgerecht wieder übertragen worden war. Denn es bestand der Verdacht, dass sie das Kind geschüttelt hatten. Doch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG), das das Sorgerecht nach zwischenzeitlichem Entzug durch das Familiengericht (FamG) wiederhergestellt hatte. |

Eltern verursachten beim Kind mutmaßlich ein Schleudertrauma

Ein Säugling erlitt mutmaßlich durch die Eltern ein Schütteltrauma. Das FamG entzog das Sorgerecht. Das OLG hob die Entscheidung auf und stellte das Sorgerecht wieder her. Es erteilte aber Auflagen, z. B. den Aufenthalt in einer Eltern-Kind-Einrichtung.

Der Verfahrensbeistand sah darin eine Verletzung des Schutzanspruchs des Kindes gegen den Staat nach dem Grundgesetz (hier: Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG). Er blieb aber mit der Verfassungsbeschwerde erfolglos.

Oberlandesgericht auf dem Boden des Grundgesetzes

Das BVerfG bestätigte, dass die Prognose des OLG verfassungsrechtlich standhält. Es konnte nachvollziehbar darlegen, dass zukünftig keine erheblichen Schäden drohen und die Auflagen ausreichen, um einer Kindeswohlgefährdung zu begegnen. Die Entscheidung genügt, so das BVerfG, den hohen verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen bei Verdacht auf Kindesmisshandlung.

Quelle | BVerfG, Urteil vom 20.11.2024, 1 BvR 1404/24, Abruf-Nr. 245475 unter www.iww.de


Anscheinsgefahr:

Frau zündelt, Ehemann muss zahlen

| Die Feuerwehr rückte aus, weil auf dem von einem Ehemann bewohnten Grundstück Matratzen mit einer starken Rauchentwicklung angezündet worden waren. Gegen den Kostenbescheid von gut 1.000 Euro wandte der Ehemann ein, seine Frau habe die Matratzen angezündet. Das hatte vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis keinen Erfolg. |

Beurteilung auf zwei Ebenen

Das OVG begründete seine Entscheidung: Es sei zwischen der sog. Primärebene, um Gefahren abzuwehren, und der sog. Sekundärebene, der Kostenerstattung, zu unterscheiden. Bei der Gefahrenabwehr sei auf die die sog. Ex-ante Betrachtung abzustellen, also auf die Sicht einer „allwissenden Person“ im Zeitpunkt der Gefahrenabwehr. Zu diesem Zeitpunkt war der Ehemann zumindest sog. Anscheinsstörer. Dies bedeutet, er hat nach Ansicht des OVG schuldhaft den Anschein gesetzt, Störer zu sein. Auf der Sekundärebene reicht es aus, wenn der Ehemann bei der Ex-post Betrachtung die Anscheinsgefahr veranlasst oder zu verantworten hatte.

Polizeibericht: Keine Hinweise auf (Allein-)Täterschaft der Frau

Der Ehemann hatte (zumindest) auch nach der Ex-post-Betrachtung die Anscheinsgefahr gesetzt. Denn im Polizeibericht gab es keinerlei Hinweise darauf, dass seine Frau den Brand (allein) gelegt hatte.

Quelle | OVG Saarlouis, Urteil vom 10.1.2025, 2 A 176/24, Abruf-Nr. 246444 unter www.iww.de


Vaterschaftsanfechtung:

Hautfarbe eines Kindes kein Beweis für Vaterschaft

| Da die Hautfarbe eines Kindes durch das Zusammenwirken mehrerer Gene bestimmt wird, kann allein daraus nicht auf den Vater geschlossen werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat daher entschieden: Will der Vater seine Vaterschaft anfechten, beginnt die Frist hierfür nicht bereits mit der Geburt des Kindes. |

Ein „weißer“ Vater meinte, seine beiden dunkelhäutigeren Kinder könnten nicht von ihm stammen sie seien nicht hellhäutiger als seine „schwarze“ Frau, sondern ihre Hautfarbe sei identisch. Er wollte die Vaterschaft daher anfechten. Für das Anfechtungsverfahren begehrte er Verfahrenskostenhilfe. Dies lehnte das Amtsgericht (AG) ab, da der Vater die Anfechtungsfrist (zwei Jahre) versäumt habe. Die Hautfarbe sei schon bei der Geburt der Kinder ersichtlich gewesen. Der Vater ließ nun ein Abstammungsgutachten erstellen. Ergebnis: Er war nicht der leibliche Vater.

Das OLG Celle argumentiert: Da mehrere Gene bei der Hautfarbe eine Rolle spielen, könnten sogar Zwillinge unterschiedliche Hautfarben aufweisen. Daher beginne mangels Offenkundigkeit die Anfechtungsfrist nicht mit der Geburt der Kinder. Für den erforderlichen sog. Anfangsverdacht komme es nicht nur auf die Hautfarben der Kinder an. Erst mit dem Abstammungsgutachten sei er begründet. Dem Vater wurde die Verfahrenskostenhilfe gewährt.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 16.12.2024, 21 WF 178/23


Informationelle Selbstbestimmung:

Vaterschaftsfeststellung: Sex mit eineiigen Zwillingen

| Die Mutter eines Kindes, das seine Abstammung klären lassen wollte, behauptete, als Escort-Dame Sex mit eineiigen Zwillingen gehabt zu haben. Ein herkömmliches DNA-Gutachten brachte keine zweifelsfreien Erkenntnisse. Zu klären war vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg daher, ob in diesem Zusammenhang eine Sequenzierung des gesamten Genoms zulässig war. Das OLG bejahte dies. |

Der Zwilling hatte die Mutter des Kindes mehrmals „gebucht“ und Sex mit ihr gehabt. Er behauptete, auch sein eineiiger Zwillingsbruder habe dies getan. Nach einem DNA-Gutachten stand nur fest, dass einer der beiden der Vater des Kindes ist, aber nicht, wer.

Amtsgericht wollte zweites Gutachten einholen

Daraufhin beschloss das Amtsgericht (AG), eine Sequenzierung des gesamten Genoms einzuholen. Hiermit könnten auch eineiige Zwillinge unterschieden werden. Diese Methode kostet allerdings rund 60.000 Euro. Dies akzeptierte der erste Zwilling nicht ohne Erfolg.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG stellte das Interesse des Kindes daran, seine Abstammung klären zu lassen, über das Recht des Zwillings auf „informationelle Selbstbestimmung“, also das Recht des Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Folge: Der Mann und sein Bruder müssen die weiteren Untersuchungen akzeptieren, auch wenn es keine Garantie gäbe, dass danach die Abstammung des Kindes zweifelsfrei geklärt sei.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.1.2025, 13 WF 93/24

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