Patientenverfügung:
Unsicherheit am Krankenbett: Eine Patientenverfügung kann helfen
| Erneut musste sich der Bundesgerichtshof (BGH, VI ZR 13/18) mit lebensverlängernden Maßnahmen befassen. Und wieder einmal zeigte sich auf tragische Weise, wie der Wille des Patienten mit einer Patientenverfügung hätte ermittelt und so Unsicherheiten in der medizinischen Behandlung sowie Rechtsstreitigkeiten hätten vermieden werden können. |
Was war passiert? Ein schwer kranker Patient wurde über eine längere Zeit künstlich am Leben erhalten. Aufgrund der Demenz konnte er nicht mehr selbst bestimmen, welche Behandlung er möchte. Eine Patientenverfügung gab es nicht. Seine Einstellung zu lebensverlängernden Maßnahmen war nicht bekannt. Der Sohn forderte vom Arzt Schmerzensgeld, weil sein Vater durch die Lebensverlängerung unnötig gelitten habe.
Der BGH hat die Klage zwar abgewiesen. Dieser Fall zeigt jedoch erneut, wie wichtig es ist, die Entscheidung über die medizinische Behandlung am Lebensende nicht anderen zu überlassen. Angehörige sind häufig nicht nur emotional überfordert, weiß Dr. Fanny Wehrstedt, Geschäftsführerin der Notarkammer Sachsen-Anhalt. Immer wieder führt die Frage des Arztes, welchen Behandlungswunsch der Patient gehabt hätte, zu Streit unter den Angehörigen. Dafür gibt es nur einen Ausweg: Die schriftliche Dokumentation des Willens. Das geschieht in einer Patientenverfügung.
Eine Patientenverfügung sollte man sich aber nicht einfach zu Hause selbst schreiben oder online erstellen lassen, erklärt Dr. Wehrstedt. Der BGH war bereits mehrfach mit der Auslegung von unklar formulierten Patientenverfügungen befasst. Das zeigt, wie hoch das Streitpotenzial unter den Angehörigen beim Thema künstliche Lebensverlängerung ist.
Eine Patientenverfügung beinhaltet medizinische und rechtliche Aspekte. Sie gehört daher in Fachhände, empfiehlt Dr. Wehrstedt und ergänzt: „Patientenverfügungen sollten so präzise wie möglich abgefasst sein. Perfektion wird nicht erwartet, da niemand seinen Tod vorhersehen kann. Aber Laien werden bei der Abfassung häufig überfordert sein. Ein Notar hilft bei der rechtssicheren Erstellung. Nach Rücksprache mit einem Arzt können dann noch Besonderheiten aufgenommen werden.“
Und damit der dokumentierte Wille auch durchgesetzt wird, empfiehlt es sich, eine Vertrauensperson namentlich zu bestimmen. Die Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht bietet sich an. Dr Wehrstedt erklärt: „Der Betroffene sollte festlegen, wer seinen Willen durchsetzen soll. Dies sichert auch in Zweifelsfällen eine Durchsetzung des Behandlungswunsches. Wenn zudem mit dem Benannten die Wertvorstellungen und Behandlungswünsche besprochen werden, hat man alles richtig gemacht.“
Quelle | Notarkammer Sachsen-Anhalt
Unterhaltsrecht:
Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter ist unabhängig von neuer Partnerschaft
| Der Unterhaltsbedarf der nichtehelichen Mutter bemisst sich nach ihren Einkünften vor der Geburt des Kindes. |
Auf diesen Grundsatz verwies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. Die Richter machten dabei deutlich, dass der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter durch die Leistungsfähigkeit des nichtehelichen, nicht betreuenden Vaters begrenzt wird. Diese Begrenzung findet nicht nur durch den angemessenen Selbstbehalt statt, den der nichteheliche Vater verteidigen darf, sondern auch durch den Halbteilungsgrundsatz. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist in Anwendung des Art. 3 GG außerdem grundsätzlich durch die Höhe des Unterhaltsanspruchs begrenzt, den eine eheliche Mutter geltend machen könnte.
Bei der deswegen anzustellenden vergleichenden Berechnung (Kontrollberechnung) ist der vergleichend herangezogene Unterhaltsanspruch einer ehelichen Mutter unter Heranziehung aller dort anerkannter Kriterien zu ermitteln. Das gilt besonders für die Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus (1/7) und die Geltendmachung steuerlicher Vorteile (begrenztes Realsplitting).
Aus dem Gleichheitsgrundsatz folgt nur bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach eine Begrenzung auf das, was eine eheliche Mutter fordern könnte. Im Hinblick auf eine etwaige Verwirkung sind dagegen die Vorschriften für Eheleute nicht anzuwenden. Insbesondere ist § 1579 BGB nicht anwendbar, weil hier § 1611 BGB eine spezielle Regelung mit einem strengeren Maßstab enthält. Das Zusammenleben mit einem (neuen) Partner kann daher die Annahme einer Unterhaltsverwirkung nicht rechtfertigen, wenn nicht andere Verfehlungen im Sinne des § 1611 BGB auf eine grobe Unbilligkeit schließen lassen.
Quelle | OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 2.5.2019, 2 UF 273/17,-Abruf-Nr. 209016 unter www.iww.de.
Umgangsrecht:
Übernachtung bei einem Elternteil kann nur in besonderen Fällen untersagt werden
| Gerade bei geringer Distanz der Wohnorte der Kindeseltern muss ein Ausschluss von Übernachtungen besonders gerechtfertigt werden, weil Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln hin. Kinder haben das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit den Kindern verpflichtet und berechtigt. Das Umgangsrecht soll den Eltern die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und die bestehenden natürlichen Bande zu pflegen, d.h. einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Dem Kind soll das Umgangsrecht ermöglichen, die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil aufrechtzuerhalten, sie durch Begegnungen und gegenseitige Ansprache zu pflegen.
Maßstab ist daher stets das Kindeswohl. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass es das Kindeswohl fordere, dass der Umgang beschränkt und insbesondere Übernachtungskontakte ausgeschlossen werden müssten. Die Kontakte sind grundsätzlich geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil zu festigen. Sie tragen dazu bei, dass der Elternteil vom Kind nicht ausschließlich als „Sonntagselternteil“ erlebt wird. Konkrete, gegen eine Übernachtung sprechende Umstände bringt die Mutter hier nicht vor. Solche ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme des Verfahrensbeistands. Das Kind ist eine normal entwickelte Erstklässlerin. Sie hat die bisherigen Kontakte zum Vater positiv aufgenommen. Die Sorge, dass Übernachtungen das Kind „überfordern“ könnten und der Vater nicht in der Lage sei, altersgerecht die Übernachtung zu begleiten, teilt das Gericht nicht. Das bloße Alter eines Kindes ist kein maßgebliches Kriterium für die Frage der Anordnung von Übernachtungskontakten.
Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 8.2.2019, 10 UF 189/18, Abruf-Nr. 209646 unter www.iww.de.
Gewaltenschutz:
Stinkefinger kann Verstoß gegen das Kontaktverbot sein
| Wird der sog. „Stinkefinger“ gezeigt, kann dies ein Verstoß gegen das zum Zweck des Gewaltschutzes ausgesprochene Verbot sein, mit der geschützten Person in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. In diesem Fall kann ein Ordnungsmittel verhängt werden. |
Das musste sich ein Mann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken sagen lassen. Er hatte dem Antragsteller und dessen Frau (der Mutter des gemeinsamen Kindes) bei einem zufälligen Zusammentreffen den sog. „Stinkefinger“ (Faust mit nach oben gestrecktem Mittelfinger) gezeigt. Damit hat er gegen das ihm gegenüber durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts ausgesprochene Verbot verstoßen, mit den Antragstellern in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. Es handelte sich, wie die Antragsteller zu Recht geltend machen, um eine Kontaktaufnahme durch körperliche Gestik.
Es war daher ein Ordnungsmittel zu verhängen. Das Gericht hält ein Ordnungsgeld für ausreichend, das sich mit 100 EUR im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens von 5 bis zu 250.000 EUR bewegt. Es handelte sich um einen erstmaligen und weniger gewichtigen Verstoß. Für diesen scheint der genannte Betrag ausreichend. Dabei wurde bereits berücksichtigt, dass bei dem Vorfall das gemeinsame 7-jährige Kind anwesend war.
Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.4.2019, 6 WF 44/19, Abruf-Nr. 211185 unter www.iww.de.