Familienrecht Info - 12.2024

1.12.2024
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Kindeswohlgefährdung:

Schütteltrauma: Zurückführung eines Kindes in die Herkunftsfamilie

| Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat jetzt klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ein Kind nach einer möglichen schweren Verletzung durch die Eltern zu diesen zurückgeführt werden kann. |

Prognose muss Wiederholungsgefahr sicher ausschließen

Das OLG: Wurden einem Kind durch einen Elternteil mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere gesundheitliche Schäden (hier in Gestalt eines sog. Schütteltraumas) zugefügt, ist im Einzelfall zu prüfen, ob prognostisch erneut mit ähnlich schwerwiegenden Schäden zu rechnen ist. Selbst schwere Verletzungen müssen einer Rückführung nicht generell entgegenstehen, wenn eine hohe Prognosesicherheit dahingehend besteht, dass es nicht erneut zu derartigen Schäden kommt. Wiegt der drohende Schaden für das Kindeswohl weniger schwer, steigen für die Rechtfertigung einer Fortsetzung der Trennung des Kindes von seinen Eltern die an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellenden Anforderungen.

Behandlungswilligkeit der Eltern

Für die Prognoseentscheidung ist auch von Bedeutung, ob das verbleibende Gefährdungsrisiko durch die äußeren Lebensbedingungen von Eltern und Kind etwa in einer geeigneten Einrichtung weiter minimiert, wenn nicht gar beseitigt werden kann. Dabei spielt auch die Bereitschaft der Eltern zur eigenen psychotherapeutischen Behandlung sowie zur umfassenden Kooperation im Rahmen stationärer und ambulanter Jugendhilfemaßnahmen eine Rolle.

Quelle | OLG Braunschweig, Beschluss vom 7.5.2024, 1 UF 18/24, Abruf-Nr. 243211 unter www.iww.de


Eigentumsverhältnis:

Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft: „Wechselmodell“ für einen Hund?

| Das Landgericht (LG) Potsdam hat geklärt, was mit einem gemeinsam angeschafften Hund geschieht, wenn sich Partner trennen. |

Nichteheliche Lebensgemeinschaft hatte sich Hund angeschafft

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft hatte sich eine Mischlingshündin angeschafft. Nach dem Ende der Beziehung forderte der Mann von seiner früheren Lebenspartnerin entweder die Herausgabe des Hundes oder hilfsweise eine geteilte Betreuung im zweiwöchigen Wechsel. Die Lebenspartnerin beantragte, ihr das Alleineigentum an dem Tier zu übertragen. Sie war bereit, hierfür einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Das Gericht gab der Frau recht. Es lehnte die Idee eines „Wechselmodells“ ab, um den Hund zu betreuen.

Landgericht: kein Wechselmodell bei Haustieren

Eine Regelung, ein Haustier gemeinsam zu betreuen, ist nur möglich, während eine Miteigentümergemeinschaft besteht. Sobald diese Gemeinschaft aufgelöst wird, muss das Eigentum einem der bisherigen Miteigentümer zugewiesen werden.

Es ist aber nicht praktikabel, das Tier zu verkaufen, wie es sonst üblich ist, wenn eine Miteigentümergemeinschaft aufgelöst wird. Das LG entschied daher, dass die Frau, die sich nach der Trennung hauptsächlich um die Hündin gekümmert hatte, das Alleineigentum zugesprochen bekommen sollte. Sie wurde verpflichtet, dem Mann einen Ausgleichsbetrag zu zahlen.

Fazit: Anders als bei Kindern kann die Betreuung eines gemeinsam angeschafften Hundes in einem „Wechselmodell“ nach dem Ende einer Lebenspartnerschaft also nicht vor Gericht durchgesetzt werden.

Quelle | LG Potsdam, Urteil vom 10.7.2024, 7 S 68/23


Geschlechtsumwandlung:

Frau-zu-Mann-Transsexueller kann rechtlicher Vater sein

| Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat die rechtliche Elternschaft eines Frau-zu-Mann-Transsexuellen bestätigt. Vater kann danach auch eine dem männlichen Geschlecht angehörige Person sein, wenn diese nicht leiblicher Elternteil ist. |

Das war geschehen

Der Antragsteller begehrte, als Vater eines Kindes eingetragen zu werden, das von seiner Ehefrau geboren wurde. Das Kind wurde mittels einer Samenspende gezeugt. Zum Zeitpunkt der Geburt hatte der Antragsteller eine gerichtlich bestätigte Geschlechtsänderung von weiblich zu männlich durchlaufen und war mit der Frau verheiratet. Das Standesamt verweigerte jedoch den Eintrag. Das Amtsgericht (AG) wies das Standesamt an, den Antragsteller als Vater einzutragen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beschwerde des Standesamts zurückgewiesen.

Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Da die Frau das Kind geboren hat, ist sie die Mutter. Zum Zeitpunkt der Geburt war sie mit dem Antragsteller verheiratet, der rechtlich als Mann anzuerkennen war. Die Entscheidung, dass der Antragsteller einem anderen Geschlecht zugehörig ist, lässt das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern unberührt. Der Wortlaut regelt das Rechtsverhältnis zu den leiblichen Kindern des Transsexuellen, die er bereits vor der Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit hatte. Da die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung hier erst nach der Geschlechtsänderung des Antragstellers entstanden ist, greift das Transsexuellengesetz (hier: § 11 TSG) nicht.

Wird das Kind von der Ehefrau des jetzt männlichen Transsexuellen geboren, erfährt es keine Nachteile dadurch, dass dem Transsexuellen das männliche Geschlecht zugeordnet wird. Es hätte vielmehr Nachteile, wenn an das vormals weibliche Geschlecht angeknüpft würde. Denn nach § 11 TSG müsste der Antragsteller im Verhältnis zum Kind weiter als Frau behandelt werden. Allein aus unterhalts-, erb- und auch sorgerechtlichen Aspekten ist es für das Kind vorteilhaft, zwei Elternteile zu haben.

Transsexuellengesetz hier nicht anzuwenden

Das OLG: In diesen Fallkonstellationen ist es geboten, § 11 TSG nicht anzuwenden, um das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile zu gewährleisten. Es muss eine Ungleichbehandlung mit Kindern verhindert werden, die in eine heterosexuelle Ehe geboren werden. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, was auch das Recht beinhaltet, dass die geschlechtliche Identität anerkannt wird, ist verletzt, wenn ein transsexueller Elternteil für ein nach der Entscheidung nach § 8 TSG geborenes Kind rechtlich nicht die geschlechtsbezogene Elternrolle zugewiesen bekommt, die seinem selbst empfundenen und ihm rechtlich zugewiesenen Geschlecht entspricht.

Quelle | OLG Schleswig, Beschluss vom 4.7.2024, 2 Wx 11/24, Abruf-Nr. 242938 unter www.iww.de

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